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Rennrad-Test

Geschichtsstunde: die Siegerbikes der Tour de France

2015 holte sich Chris Froome auf dem superleichten Pinarello Dogma F8 aus Carbon den Sieg. Aber welche Maschinen begleiteten die Sieger vergangener Jahre?

Seit Maurice Garin im Jahre 1903 die erste Auflage der Tour de France für sich entschied, haben die Radsport-Fans eine ganze Menge an Bikes bestaunen können.

Das Pinarello Dogma F8, auf dem Chris Froome 2015 seinen Erfolg einfuhr, war eine Weiterentwicklung des Pinarello Dogma 65.1 Think 2, welches ebenfalls schon an Tour-de-France-Siegen beteiligt war. Sowohl Chris Froome als auch Bradley Wiggins gewannen auf diesem Rennrad die Frankreich-Rundfahrt. Wiggins war 2012 der Glückliche und Froome holte sich ein Jahr später seinen ersten Titel in Paris.

Tour de France – die Bikes der Sieger

Hier sieht man Chris Froome auf seinem gelben Pinarello Dogma F8 als er 2015 auf der Champs-Elysees dem Gesamtsieg entgegensteuert. (Foto: Sirotti)
Hier sieht man Chris Froome auf seinem gelben Pinarello Dogma F8 als er 2015 auf der Champs-Elysees dem Gesamtsieg entgegensteuert. (Foto: Sirotti)

Dieses Jahr hat Pinarello ihm und seinem Teamkollegen Geraint Thomas einen ganz speziellen Untersatz mit auf die Tour gegeben – das Pinarello Dogma F8 Xlight. Es gibt bei der diesjährigen Tour de France aber noch eine ganze Menge anderer Bikes zu bestaunen. Im folgenden Artikel könnt ihr sehen, mit welchen Maschinen die Teams ihre Fahrer an den Start geschickt haben:

Die Rennräder der Tour de France 2016

Jetzt widmen wir uns aber den Siegerbikes einer langen Tour-de-France-Geschichte.

Im Jahre 1903 gewann Maurice Garin auf einem La Francaise aus Stahl die erste Auflage der Tour de France. (Foto: Wiki Commons)

Die frühen Jahre der Tour de France

Wie zuvor erwähnt, war Maurice Garin der erste Fahrer, der je die Tour de France gewonnen hat. Es war das Jahr 1903 als der gebürtige Italiener auf seinem La Francaise vor allen anderen über die Ziellinie fuhr. Das Stahlbike wog um die 18 Kilo und war schwarz mit einem Tricolore-Steuerrohr. Es hatte neumodische Pedalhaken und Laufräder, deren Felgen aus Holz gefertigt waren.

Damals war das La Francaise – es hatte einen Single-Speed-Antrieb mit festgelegtem Gang – modern. Erst einige Jahre später kamen die ersten Räder mit Freilauf auf den Markt, mit denen ein Gangwechsel möglich war. Allerdings musste der Fahrer dafür noch absteigen und sowohl die Kette als auch das Zahnrad per Hand in die entsprechende Position bringen.

Zum Jahrhunderwechsel hat La Francaise den Markt in Bewegung gesetzt. Die fünf Topfahrer der ersten Tour de France waren damals auf Maschinen des Herstellers unterwegs. Bereits 1901 gewann Maurice Garin auf einem La Francaise Diamant den ehemaligen Klassiker Paris-Brest-Paris.

Als der Erste Weltkrieg näher rückte, kamen die ersten Drop-Lenkermodelle auf den Markt. Es war zur damaligen Zeit, als es noch gegen das Regelwerk der Tour de France verstieß, sich mechanische Hilfe von außen zu holen, nicht ungewöhnlich, dass Fahrer ihre Maschinen mit Satteltaschen und Luftpumpen versahen.

Die Einführung des Schaltwerks

Es dauerte bis 1937 bis die Organisatoren der Tour de France schließlich den Einsatz von Stangen-basierten Umwerfen erlaubten. Der Franzose Roger Lapebie, der die Frankreich-Rundfahrt in diesem Jahr für sich entschied, nutzte an seinem Mercier-Bike ein Osgear-Super-Champion-Schaltwerk mit einem Kettenblatt. Für Mercier war es der erste Sieg bei einer Tour de France. Lapebies Siegerbike war neben dem Osgear-Schaltwerk mit Reifen von Hutchinson ausgestattet, einer Marke, die auch heute noch auf dem Markt vertreten ist.

Der fühere schweizer Profi Oscar Egg, der in seiner aktiven Laufbahn zwei Tour-de-France-Etappen holen konnte und auch Inhaber des Stundenweltrekordes war, steckte hinter dem Osgear-Super-Champion-Schaltwerk. Neben Roger Lapebie war auch das Bike von Sylvere Maes mit dem Schaltwerk ausgestattet als er 1939 die Tour de France gewann. 1938 war es Gino Bartali, der am Ende der letzte Etappe ganz oben auf dem Treppchen stand. Sein Rennrad war damals mit Vittoria-Margherita-Komponenten bestückt. Aufgrund des ursprünglichen Designs war es zum Wechseln der Gänge sowohl bei Osgear als auch bei Vittoria nötig, rückwärts zu treten. Dennoch reichte diese Technologie aus, um Schaltungen bei der Tour de France zuzulassen.

Es hat sich 1937 aber nicht nur in Sachen Schalten etwas bewegt. Auch Laufräder aus Aluminium wurden zu dieser Zeit zum Standard im Profi-Peloton. Mavics Duralumin-Felgen waren bereits erprobt. Auf ihnen war Antonin Magne unterwegs, als er sich 1934 zum zweiten Mal den Gesamtsieg bei der Tour de France holte. Da Aluminium-Laufräder damals noch nicht für die Tour de France zugelassen waren, pinselte er sie einfach an. So sahen sie aus, als wären sie aus Holz und keiner hatte was zu meckern.

Jahre der Veränderung

In den Jahren nach dem Krieg gab es deutliche Veränderungen bezüglich der Rahmengeometrie. Verbesserte Straßenoberflächen erlaubten ein aggressiveres Setup. Ansonsten blieben die Rahmen aber größtenteils gleich. Gemuffte Stahlrahmen, Stahlkurbeln und Seitenzugbremsen bestimmten das Bild eines Stahlbikes.

Auch in Sachen Schaltung ging es voran. Simplex stellte sein Tour-de-France-Schaltwerk und den Competition-Umwerfer vor. Jean Robics Bike war 1947 mit Simplex-Komponenten ausgestattet und auch Fausto Coppi bediente sich derer 1949.

Fausto Coppi und Gino Bartali gehörten zu den ersten Tour-de-France-Siegern, deren Bikes mit kabelgebundenen Schaltwerken und Umwerfern ausgestattet waren. (Foto: Sirotti)

Ein Jahr später waren sie dann auch an Ferdi Kublers Untersatz zu finden. Es sei erwähnt, dass die drei in diesen Jahren als Sieger aus der Tour de France hervorgingen. Auch Campagnolo betrat zu dieser Zeit die Bühne. Als Gino Bartali die Frankreich-Rundfahrt im Jahre 1948 gewann, war sein Rad mit einem Cambio-Corsa-Umwerfer bestückt.

Campagnolos Innovation überzeugte recht schnell. Schaltwerk und Umwerfer der Gran-Sport-Serie, die 1951 und 1952 auf dem Markt kamen, waren kabelgebunden und wurden mit Schalthebeln an beiden Lenkerenden bedient. Es dauerte auch nicht mehr allzu lange, bis manuelle Gangwechsel der Vergangenheit angehörten. Der Letzte, der manuell einen Sieg einfuhr, war Jacques Anquetil im Jahre 1957. Er nutzte damals Simplex-Komponenten.

Stahl bleibt noch lange das Nummer-Eins-Material

Stahl blieb noch für Jahrzehnte das beliebteste Material für Rennradrahmen. Jacques Anquetil war auf einem Helyett-Rahmen unterwegs, als er in den vier aufeinanderfolgenden Jahren 1961 bis 1964 die Tour de France für sich entschied. 1969 hieß der Sieger Eddy Merckx. Vier weitere Male sollte er die Frankreich-Rundfahrt noch dominieren (1970, 1971, 1972 und 1974). Der Rahmen seines Bikes war aus Reynolds-Stahl gefertigt und mit Campagnolo-Nuovo-Record-Schaltwerk und -Umwerfer ausgestattet.

Jacques Anquetil war der letzte Fahrer, der mit einer manuellen Schaltung an seinem Helyett-Stahlbike die Tour de France gewann. (Foto: Sirotti)
Hier sieht man Eddy Merckx ins Maglia Rosa gehüllt beim Giro d'Italia 1969 auf seinem Reynolds-Stahlbike. (Foto: Sirotti)

Hier sollte mit der Entwicklung von Schaltungen aber noch nicht Schluss sein. 1964 ließ der japanische Komponentenhersteller Suntour sich das Schrägparallelogramm-Schaltwerk schützen, ein Patent dessen Design wir auch heute noch kennen. Aber auch in Sachen Gewicht tat sich etwas. Joop Zoetemelks gewann die Tour de France im Jahre 1980 auf einem Raleigh-Team-Professional, welches nur noch rund zehn Kilo wog.

Hersteller begannen mit Carbon zu experimentieren. Rohre aus dem Nummer-Eins-Material der Neuzeit wurden von Aluminium gehalten. Diese Lösung schaffte es in den späten 80ern sogar ins Profi-Peloton. 1989 konnte beispielsweise Greg Lemond die Tour de France auf einem TVT-Carbon-Bike für sich entscheiden. Dabei ist interessant, dass Lemond der einzige war, dessen Bike, zu einer Zeit, die von Campagnolo dominiert wurde, mit Mavic-Komponenten bestückt war.

Der Ire Stephen Roche nutze auf seinem Weg zum Tour-de-France-Sieg im Jahre 1987 Pedalhaken. Hier sieht man ihn auf dem beschwerlichen Aufstieg des Galibier. (Foto: Sirotti)

In den späten 80ern wurden dann Klickpedale zur Norm. 1984 erfunden, hat LOOK dieses System. Stephen Roche war 1987 der letzte Fahrer, der bei der Tour de France mit Pedalhaken den Sieg eingefahren hat. Der Ire bestritt das Rennen damals auf einem Battaglin, gefertigt aus Columbus-Rohren.

Miguel Indurain gewann die Tour de France 1994 als letzter auf einem Pinarello-Stahlbike. (Foto: Sirotti)

Das Experiment Aluminium

Die Tage von Stahl waren gezählt – zumindest was die Tour de France betrifft. Immer mehr Bikeschmieden experimentieren für ihre Rahmen mit anderen Materialien. Miguel Indurain war 1994 der letzte Fahrer, der die Tour de France auf einem Stahlrad gewonnen hat. Das TIG-geschweißte Pinarello mit Oria-Rohren, welches Gerüchten zufolge tatsächlich von Dario Pegoretti gebaut wurde, brachte in Größe 59 neun Kilo auf die Waage.

Seine fünfte und letzte Tour de France gewann Miguel Indurain 1995 auf einem Pinarello-Keral-Lite aus Aluminium. Ein Jahr später gewann Bjarne Riis auf dem gleichen Bike die Frankreich-Rundfahrt. Die Maschine des Dänen arbeitete mit runden Rohrprofilen und war mit einer Campagnolo-Record-Gruppe, einem 3T-Aluminiumlenker sowie einem Selle-Italia-Flite-Sattel ausgestattet.

Finde den Unterschied zum vorigen Bild: Miguel Indurain gewann 1994 die Tour de France auf dem gleichen Pinarello-Keral-Lite, auf dem Bjarne Riis dieses Kunststück ein Jahr später gelang. (Foto: Sirotti)

Obwohl auf Aluminium Erfolge erzielt wurden, hielt sich das Material nicht lange im Profi-Peloton. Marco Pantani war 1998 der letzte Tour-de-France-Sieger, der das Rennen auf Aluminium dominierte.

Hier sieht man Marco Pantani bei der letzten Tour de France, die er auf seinem Aluminium-Bianchi bestritten hat. (Foto: Sirotti)

Das Bianchi des Piraten verfolgte eine kompakte Geometrie, ähnlich der, die wir heute im modernen Peloton finden. Für die damalige Zeit war das allerdings recht untypisch. Das Gewicht seines Celeste-blauen Bikes mit gelben Elementen soll etwa sieben Kilo betragen haben. Ausgestattet war es mit einer Campagnolo-Record-Gruppe und Electron-Tubular-Laufrädern.

Carbon übernimmt die Herrschaft

Es ist zwar nicht endgültig geklärt aber es wird behauptet, Marco Pantanis Bike bestand gar nicht aus Aluminium sondern aus Bor. Eines ist aber sicher: ein Jahr nachdem Pantani die Tour de France gewann, wurde Carbon das Nummer-Eins-Material und ist es bis heute geblieben. Lance Armstrongs Trek 5500 war der erste Vollcarbonrahmen, auf dem die Tour de France gewonnen wurde. Allerdings wurde ihm der Sieg aus den uns allen bekannten Gründen im Nachhinein wieder aberkannt.

Lance Armstrong war der erste Pedalist, der sich bei der Tour de France auf einem Vollcarbonrahmen den Sieg holte. (Foto: Sirotti)

2000 gab es weitere Veränderungen. Shimano stellte zum ersten Mal die Gruppe und der Lenkerschaft musste dem konischen Vorbau Platz machen. Die Bikes begannen allgemein immer mehr, den modernen Maschinen von heute zu ähneln. 2003 erblickte die erste 10-fach-Dura-Ace-Gruppe das Licht der Welt. Zum Einsatz kam der neueste Shimano-Antrieb das erste Mal an der angeblich leichtesten Maschine, die zu dieser Zeit je bei einer Tour de France gefahren wurde. Um das Gewicht so gering wie möglich zu halten, bestritt Lance Armstrong Bergetappen mit einem Schalthebel am Unterrohr.

Oscar Pereiros Pinarello-Dogma aus Magnesium führte ihn bei der Tour de France 2006 bis ganz nach oben auf das Podium. (Foto: Sirotti)

Magnesium – ein One-Hit-Wonder

Geht es um Siege bei der Tour de France, ist Pinarello die erfolgreichste Rennradmarke der letzten drei Jahrzehnte. Die italienische Schmiede stellte in dieser Zeit insgesamt 12 Siegerbikes. Darunter Indurains Stahlmaschine, das Alubike des Spaniers, welches auch von Bjarne Riis und Jan Ullrich gefahren wurde und schließlich die Untersätze aus Carbon von Bradley Wiggins und Chris Froome. Kurz gesagt, die italienische Marke hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, Rennräder für Champions zu produzieren.

Seinen Sieg bei der Tour de France 2006 fuhr Oscar Pereiros auf dem Pinarello Dogma ein, dem Magnesium-Bike des italienischen Herstellers. Die kurvigen Sitzstreben des Dogma, welches aus einer AK61-Magnesiumlegierung gefertigt waren, übernahm Pinarello später auch für sein Dogma 65.1 Think 2, auf dem Bradley Wiggins und Chris Froome 2012 und 2013 ihre Tour-de-France-Siege perfekt machten. Das hintere Dreieck und die Pinarello-Onda-Gabel bestanden bei der Magnesium-Maschine allerdings aus Carbon. Des Weiteren kamen am Dogma eine Campagnolo-Record-10-Gruppe und Bora-Ultra-Laufräder zum Einsatz. Das Bike bekamen die Zuschauer bei der Tour de France nur in diesem einen Jahr zu sehen da Pinarello sich fortan auf die Arbeit mit Carbon konzentrierte.

Superleicht und aerodynamisch – willkommen im Heute

Im Jahre 2000 legte die UCI das Gewichtsminimum von 6,8 Kilo für alle an Rennen beteiligten Bikes fest. Mit Rennrädern, die leichter als 6,8 Kilo sind, dürfen die Teams seitdem also nicht mehr an den Start gehen.

Heute wäre es kein Problem mehr für die Bikebauer, das Gewichtslimit der UCI zu knacken. Die leichtesten Rahmen, die auf dem Markt zu finden sind, wiegen schließlich nur noch um die 700 Gramm.

Das Peloton ist heute voll von superleichten Rahmen. Der Fokus liegt aktuell in erster Linie auf den aerodynamischen Eigenschaften der Bikes. Nehmen wir Chris Froomes Siegerbike aus dem letzten Jahr, das Pinarello Dogma F8 oder Nairo Quintanas Canyon Ultimate CF SLX als Beispiel. Beide Maschinen kombinieren extrem leichtes Gewicht mit einer guten Aerodynamik. Canyon gehört auch zu den Marken, die mit dem Aeroad ein spezielles Aerobike im Sortiment haben. Gefahren wird das Aeroad beispielsweise von Katushas Nummer-Eins-Sprinter Alexander Kristoff.

Obwohl der Komfort gegenüber Gewicht und Aerodynamik für die Profis eher eine untergeordnete Rollen spielt, lassen die Hersteller auch dieses Thema nicht außen vor. Dabei dürften die Pro-Bike-Schmieden die gepflasterten Klassiker und die entsprechenden Kopfsteinpflasteretappen der Tour de France im Hinterkopf haben. Schließlich sollen die Fahrer auch nach einem so holprigen Ausritt in einer möglichst guten Verfassung im Ziel ankommen. Das neueste Trek Madone – eine Maschine, die einst ein leichter Allrounder für Lance Armstrong werden sollte – hat sich in ein superleichtes Aero-Rennrad mit gerade mal 950 Gramm Rahmengewicht und IsoSpeed-Entkoppler für mehr Komfort verwandelt.

Jetzt sind wir in der Gegenwart angelangt und dürfen gespannt sein, welche Bikes wir in Zukunft bei der Tour de France zu sehen bekommen. Es wird gemunkelt, dass die UCI bald eine Anpassung am Gewichtslimit vornimmt. Warten wir es ab.

Bradley Wiggins gewann die Tour de France 2012 auf dem Pinarello Dogma 65.1 Think 2. Im drauffolgenden Jahr zog Chris Froome auf dem gleichen Bike nach. (Foto: Sirotti)

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