Mit dem Canyon Endurace CF erweiterte der Koblenzer Hersteller schon vor der Tour de France 2014 sein Angebot neben Ultimate CF SLX und Aeroad CF SLX, die beide von den Pro-Teams Katusha und Movistar gefahren werden. Das Endurace CF ist ein auf Komfort ausgelegtes Racebike mit einigen Besonderheiten.
Das Material Carbon hat den Herstellern in den letzten Jahren immer mehr Möglichkeiten gegeben Räder steifer und steifer werden zu lassen. Wir haben dies bei Tests in den vergangenen Jahren merken müssen und die erste Frage nach Rückgabe von Testrädern war nahezu immer „Und? Der Rahmen ist schon wahnsinnig steif – oder?“. Uns von RCDE interessiert viel mehr dort eine hohe Steifigkeit, wo sie für Vortrieb sorgt und die Straßenlage optimiert, ansonsten muss auch eine reinrassige Racingmaschine ein gewisses Maß an Komfort bieten.
Mit der neuen Komfortkategorie bei Rennrädern versuchen nun einige Hersteller eine Alternative zu den kompromisslos harten Rädern anzubieten, die bei den Profis (noch) vorherrschen. Canyon gehört dabei zu den Vorreitern und hat auch in der Vergangenheit sehr viel dafür getan Räder aller Kategorien mit innovativen Komfortkonzepten auszustatten. Der Begriff „Komfort-Renner“ dürfte den meisten Marketingabteilungen Kopfschmerzen bereiten.
Das Canyon Endurace CF soll eine Option für Radsportler sein, die ein schnelles Rad für Langstreckenfahrten suchen und dafür nicht so super-sportlich sitzen möchten wie es das Aeroad und die Ultimate-Serie verlangen. Mit guter Komponentenauswahl (Dura Ace) zu einem Hammer-Preis wird das Canyon Endurace CF 9.0 erfolgreich neue Freunde finden. Hier liest Du, was wir nach dem Test zu dem Rad zu sagen haben.
Rahmen und Gabel des Canyon Endurace CF
Marathon- und Tourenfahrer wollen natürlich auch schnell fahren, dabei aber entspannter im Sattel sitzen um nach einigen Stunden Fahrt mit Rücken- und Nackenschmerzen nicht eine Nahtoderfahrung auf dem Rad zu erleben.
Die typischen Mermale eines Komfortbikes liegen in einer aufrechteren Sitzposition durch ein kürzeres Oberrohr, ein etwas längeres Steuerrohr, möglicherweise auch einer stärkeren Gabelvorbiegung, dünne und angebogene Sitzstreben und und und. Schaut man sich das Canyon Endurace CF mit diesen Vorgaben an, sieht man davon einiges, aber nicht alles. Die Entwickler haben mit diesem Modell versucht die Profi-Gene der Ultimate-Serie mit Komfortansprüchen zu vereinen, ohne dabei ein Rad für Cappuccino-Touren ab dem Renteneintrittsalter im Sortiment zu haben.
In Größe S (RH53) ist das Oberrohr 538mm lang, das Steuerrohr misst aber trotzdem nur 143mm bei einem Lenkwinkel von 71,6°. Um den Lenker auf die richtige Höhe zu bekommen wurde der Gabelkopf ein wenig angehoben, den Rest erledigen Spacer. Clevere Lösung, denn wer mag schon überlange Steuerrohre? Statt einer langweiligen Komfortgabel kommt eine sehr sportliche Gabel mit einem sehr flachen Lenkwinkel zum Einsatz und sorgt mit einem Radstand von 987mm für Laufruhe und Gelassenheit. Das ist zwar weniger als beim Ultimate und verwundert zunächst ein wenig. Ab Größe M (RH56) fällt das Steuerohr mit 159mm dann schon erheblich länger auf und knabbert ein wenig an der Ästhetik.
Am Hinterbau finden sich dünne und sehr lang ausgefalle Sitzstreben mit leichter Vorbiegung, sowie Kettenstreben, die erheblich mehr Volumen mitbringen und in Sachen Formgebung ein wenig einfallslos wirken. Zumindest optisch ist dies ein Schwachpunkt am Canyon Endurace CF Frameset.
Mit der VCLS 2.0 Sattelstütze geht Canyon eigene Wege. Die Stütze wurde zusammen mit Ergon entwickelt und soll über einen Einfederungsmechanismus am Kopfstück für ein deutliches Plus an Komfort sorgen. Während Specialized seit Jahren mit den Zertz-Inserts für mehr Komfort wirbt und Trek den sogenannten Isospeed-Decoupler auf den Markt brachte, hat Canyon eine neue Stütze entwickelt. Ob das funktioniert, stellen wir später fest.
Alle vier Räder der Endurace-Serie (1699 – 2799 Euro) nutzen den gleichen Vollcarbon-Rahmen mit einem Rahmengewicht in Größe M von knapp über einem Kilogramm. Damit kann das Endurace zwar nicht an die Superwerte der Ultimate-Serie anknüpfen, kostet aber auch erheblich weniger und ist damit immer noch auf einem guten Level nur knapp über dem Aeroad. Unser komplettes Testrad lag ohne Pedale bei ziemlich exakt 7 Kilogramm. Ein toller Wert für ein Rad zu 2799 Euro!
Die konische Gabel (1 1/2″ – 1 1/4″) setzt mit schlappen 340g ein Zeichen und weist laut Canyon einen ordentlichen Vertikalflex auf. An den Dropouts fanden wir Alu-Inserts. Das wirkt vielleicht nicht so schick wie Vollcarbon-Dropouts, ist auf Dauer gesehen aber eine lebensverlängernede Maßnahme für jede Gabel, die mal mit dem Spanner zu heftig angeknallt wurde.
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