Kaum ein anderes Thema erhitzt in den Rennradforen und bei Facebook seit einiger Zeit so die Gemüter, wie der Scheibenbremsen-Trend für Rennräder. Doch auch in der RCDE-Redaktion ist man sich nicht einig.
Um ein wenig mehr Substanz in die Diskussionen zu bringen, fassen wir die Fakten über die Bremssysteme Disc und Felgenbremse einmal zusammen. Dabei berücksichtigen wir das Gewicht, den Preis und die Funktion. Aber schon bei der Funktion tauchen individuell unterschiedliche Meinungen auf, die zumeist aber nicht auf Erfahrungen beruhen, sondern mehr auf Annahmen. Darauf gehen wir später gezielt ein.
>> Tim Gerrits von Shimano über die neuen Rennrad-Scheibenbremsen
Daneben wird vor allem das Thema Optik besonders emotional behandelt, sobald es um Discs am Rennrad geht. Auch diesen Punkt wollen wir besprechen, wobei das persönliche Empfinden von Schönheit am Rennrad in der Tat eine sehr persönliche Sache ist.
Die Scheibenbremse am Rennrad-Rahmen
Nicht nur Bianchi hat in der kommenden Saison ein Modell mit Felgen- und Scheibenbremse auf dem Markt. Viele Hersteller stellen ihre Sortimente um und fertigen nun auch Rahmen mit einer Aufnahme für den Bremssattel sowie spezielle Gabeln.
An der Front ist es einfach, Gabel austauschen und Disc-kompatibles Laufrad rein – fertig. Dabei setzen die Anbieter aber durchaus auf vollkommen verschiedene Lösungen, die optisch großen Spielraum zwischen Gut und Mangelhaft lassen.
Während bei der Verwendung von zentrisch am Hinterbau und an der Gabel montierten Felgenbremsen die Bremskräfte gleichmäßig auf die Felgenflanken verteilt werden, treten bei Scheibenbremsen asymetrische Kräfte auf. Dies belastet Gabel und Rahmen vor allem bei starken Bremsungen erheblich und muss bei der Konstruktion berücksichtigt werden.
Am Hinterbau benötigt ein Disc-Rennrad eine Befestigung für den Bremssattel mit zwei Gewinden im Abstand von 74mm (Postmount-Standard) oder 52mm (IS-2000). Entweder wird der Bremssattel direkt auf die Gewindesockel geschraubt oder mittels eines Adapters montiert. Das Postmount-System hat sich aufgrund seiner vorteilhaften Justagemöglichkeiten für den Bremssattel gegenüber dem IS-Standard durchgesetzt und wird zudem nicht mit Schubkräften (Scherkräfte) belastet, sondern mit den vorteilhafteren Zugkräften an der Verschraubung.
Üblich ist die Montage aus statischen Gründen an der Kettenstrebe. Bei einigen Herstellern wie z.B. beim Branchenriesen Giant mit einer nachdrücklichen Disc-Strategie, wird der Bremssattel an Kettenstrebe und einem Sockel im Dreieck zwischen Ketten- und Sitzstrebe montiert. Ein Beispiel dafür ist das Giant Defy Advanced Pro 0 .
Die Scheibenbremse am Rennrad – ein optischer Supergau?
Wir haben in den letzten Wochen eine ganze Reihe neuer Rennräder mit hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano und SRAM getestet und fanden dabei sehr ansprechende Lösungen, wie auch verbesserungsbedürftige Kandidaten.
Betrachtet man die verschiedenen Gabeln mit integrierten Postmount-Brücken und jene mit Adaptern, müssen auch wir in der RCDE-Redaktion unser Faible für eine schicke Felgenbremse von Campagnolo, Shimano oder SRAM eingestehen. Ein Vorderrad wirkt ohne Disc rein optisch gesehen leichter, schneller und erheblich eleganter. Vor allem die 160mm-Discs sorgen an der Front für Unruhe im Gesamtbild.
Am Hinterrad dagegen glätten sich die Wogen wieder erheblich. Egal ob 140er oder 160er Disc, die Scheibe liegt gegenüber der Kassette und ist dort ein Bergritzel mit 28, 30 oder gar 32 Zähnen montiert, fällt sie kaum noch auf. Das gilt auch für die inzwischen sehr kleinen Bremssättel und die innen verlegten Züge.
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