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Rennberichte & Analysen

Paris-Roubaix 2018: Peter Sagan sprintet in Roubaix zum Sieg

Der Weltmeister schlägt Silvan Dillier im Schlusssprint im Velodorom von Roubaix.

Peter Sagan (Bora-Hansgrohe) und Silvan Dillier (AG2R La Mondiale) konnten sich von einer Ausreißergruppe absetzen und fuhren nach einer starken Zusammenarbeit im Velodrom ein. Dort schlug der Weltmeister den Schweizer im letzten Sprint, als die letzte Runde eingeläutet wurde. Es war eine starke Leistung des Slovaken, der das Rennen nach 257 staubigen Kilometern im Velodrom in Roubaix für sich entschied.

Sagan ging 54 Kilometer vor dem Ziel zum Angriff über, als er sich von der Verfolgergruppe absetzte und sich ohne noch einmal umzudrehen auf den Weg zum Ziel machte. Er holte die Überreste der Ausreißergruppe, die sich schon frühzeitig während des Rennens geformt hatte, ein, fuhr an ihr vorbei und unbeirrt weiter. Nur Silvan Dillier (AG2R la Mondiale) konnte mit Sagan mithalten. Durch ihre starke und unermüdliche Zusammenarbeit konnten Sagan und Dillier die restlichen Fahrer auf Abstand halten und den Sieg im Velodrom in Roubaix unter sich ausmachen.

Ein Video vom letzten Kilometer, eine Zusammenfassung des Rennens und Interviews findest du weiter unten im Artikel!

Peter Sagan (Bora-Hansgrohe) siegt beim Monument Paris-Roubaix. Für den Weltmeister ist das sein zweiter Sieg bei einem Monument der Frühjahrsklassiker. (Foto: Sirotti)
Peter Sagan (Bora-Hansgrohe) siegt beim Monument Paris-Roubaix. Für den Weltmeister ist das sein zweiter Sieg bei einem Monument der Frühjahrsklassiker. (Foto: Sirotti)

Paris–Roubaix ist der zweite Monumentsieg für Peter Sagan, der der Dominanz von Quick-Step Floors bei den Frühlingsklassikern ein Ende setzt. Dillier erreichte nach seiner beispiellosen und starken Leistung den zweiten Platz, Niki Terpstra (Quick-Step Floors) wurde dritter. Titelverteidiger Greg Van Avermaet (BMC Racing), der kurz vor Sagan in Angriffsstellung ging, musste sich mit dem vierten Platz zufrieden geben.

50 Kilometer vor dem Ziel ging Peter Sagan zum Angriff über und war nicht mehr einzuholen und aufzuhalten. (Foto: Sirotti)
50 Kilometer vor dem Ziel ging Peter Sagan zum Angriff über und war nicht mehr einzuholen und aufzuhalten. (Foto: Sirotti)

„Das ist unglaublich“, sagte Sagan nach dem Rennen. „Ich muss sagen, dieses Jahr war ich nicht einmal in einem Sturz verwickelt, ich hatte keine Pannen, ich habe meine Energiereserven gut eingeteilt und bin einen Schritt weitergegangen: Ich griff an. Ich bin bis zum Ende durchgefahren. Mir geht es besser als in den Jahren zuvor, in denen ich Paris–Roubaix gefahren bin. Damals war ich erschöpfter als heute.“

Sagans Team leistete während des Rennens ganze Arbeit, die es dem Weltmeister letztendlich ermöglichte, seinen Angriff durchzuführen. Seine Kollegen von Bora-hansgrohe verstanden es, einige Manöver, die ihn in Schwierigkeiten bringen könnten, zunichte zu machen. Während andere Fahrer durch Unfälle und Stürze aufgehalten wurden, schaffte es Sagans Team, den Teamführer zu schützen und ungeschoren über die Strecke zu bringen.

Schlechte Straßenverhältnisse bei Paris–Roubaix 2018

174 Fahrer machten sich in Compiègne auf den Weg, die 257 Kilometer nach Roubaix, gespickt mit 29 Pavé-Abschnitten, hinter sich zu bringen. Es war einigermaßen sonnig, aber der Regen der vergangegen Tage hatte auf den Kopfsteinpflaster matschige Spuren hinterlassen, was einigen Fahrern zum Verhängnis werden würde. Nach einer Stunde konnte sich schließlich eine Ausreißergruppe vom Peloton absetzen. Die Gruppe bestand aus neun Fahrern:  Sven Erik Bystrøm (UAE Team Emirates), Silvan Dillier (AG2R La Mondiale), Marc Soler (Movistar Team), Ludovic Robeet (WB Aqua Protect Veranclassic), Jimmy Duquennoy (WB Aqua Protect Veranclassic), Jelle Wallays (Lotto Soudal), Geoffrey Soupe (Cofidis, Solutions Credits), Gatis Smukulis (Delko Marseille Provence KTM), und Jay Robert Thomson (Dimension Data).

Schlamm auf den berüchtigten Passagen wie hier bei Troisvilles a Inchy machte den Fahrern dieses Jahr zu schaffen und sorgte für einige schwere Stürze. (Foto: Sirotti)
Schlamm auf den berüchtigten Passagen wie hier bei Troisvilles a Inchy machte den Fahrern dieses Jahr zu schaffen und sorgte für einige schwere Stürze. (Foto: Sirotti)

Die Ausreißer konnten sich einen Vorsprung von acht Minuten auf das Peloton erarbeiten und erreichten nach 165 Kilometern den ersten Pavè-Abschnitt in Troisvilles. Die neun Fahrer kamen unversehrt über das Kopfsteinpflaster, aber diejenigen, die folgten, hatten nicht so viel Glück. Ein heftiger Unfall mitten im Peloton brachte einige Fahrer zu Fall. Mads Würtz Schmidt (Katusha) konnte trotz seiner Verletzungen weiterfahren, aber Geraint Thomas (Team Sky) sah sich zur Aufgabe gezwungen. Titelverteidiger Greg Van Avermaet (BMC), belgische Meister Oliver Naesen (AG2R) und Yves Lampaert (Quick-Step Floors) wurden durch den Unfall aufgehalten und vom restlichen Feld abgehängt. Die Teams von Katusha, Quick-Step Floors und Bora-Hansgrohe fuhren ungehindert weiter, die Gruppe mit Van Avermaet eine halbe Minute hinter ihnen.

John Degenkolb, Dylan Groenewegen, Zdenek Stybar und Arnaud Démare wurden Opfer von Pannen, konnten sich aber wieder zum Feld, das von Quick-Step Floors kontrolliert wurde, vorarbeiten. Ein weiterer Sturz beendete das Rennen für  Matteo Trentin (Mitchelton-Scott) und Sebastian Langeveld (EF Education First-Drapac).

Die Unfälle hatten das Peloton auf eine Gruppe von nur 50 Fahrern reduziert, die einen Abstand von 2 Minuten und 30 Sekunden zur Ausreißergruppe hatten, als sie den berühmten Trouée-Arenberg-Abschnitt erreichten. Und hier brach die Gruppe endgültig auseinander. Marcus Burghardt, der ganze Arbeit für seinen Teamkameraden Peter Sagan leistete, führte das kleine Peloton in den Trouée  Arenberg. Auf halben Wege des 2400 Meter langen Abschnitts zog Mike Teunissen (Sunweb) das Tempo an. Philippe Gilbert (Quick-Step Floors) war der einzige Fahrer, der mitzog. Nach der Arenberg-Tortur blieben nur sechs der neun Ausreißer übrig, zwei Minuten hinter ihnen kamen Teunissen und Gilbert, mit dem Peloton heiß auf ihren Fersen.

Nils Politt (Katusha) schaffte es, zu den zwei Fahren aufzuschließen und mit 80 Kilometern zum Ziel holte das Trio die Fahrer der Ausreißergruppe ein, die das Tempo nicht mehr halten konnte. Das Peloton befand sich 20 Sekunden hinter der starken Gruppe. Noch vor Pavé-Abschnitt 16 war die Ausreißergruppe wieder neutralisiert. Zdenek Stybar war der nächste, der sich vom Peloton absetzen konnte. Der tschechische Meister konnte seine Führung auf den Kopfsteinpflaster Warlaing à Brillon audehnen. Hinter ihm entkamen John Degenkolb, Lars Bak und Stijn Vandenbergh dem Hauptfeld.

Das Peloton rollt durch den berühmt und berüchtigten Arenberg (Foto: Sirotti)
Das Peloton rollt durch den berühmt-berüchtigten Arenberg (Foto: Sirotti)

Die Ausreißergruppe wird kleiner

Als nächstes kam der schwierige Abschnitt von Tilloy nach Sars-et-Rosières. Es waren nur noch vier Fahrer von den Ausreißern übrig und als nächstes wurde Marc Soler abgehängt. Wallays, Dillier, Bystrom und Robeet bewiesen wahre Stärke und als sie den schweren Abschnitt hinter sich hatten, befand sich das Quartett 40 Sekunden vor Stybar und Soler, das Peloton um weitere 20 Sekunden im Rückstand. Dazwischen befand sich die Gruppe mit  Degenkolb, Vandenbergh, Bak und Boasson Hagen. Der Abstand zwischen der Führergruppe und dem Peloton verringerte sich sichtlich, alle Fahrer gingen in die Vollen und hielten sich nicht mehr zurück. Stybar liess nicht locker und während Soler aufgab, fuhr der Tscheche mit voller Kraft voraus auf dem Pave-Abschnitt 14 von Beuvry nach Orchies.

Nach 200 Kilometern unerbittlichen Rennens über unnachgiebiges Terrain verblieben nur Wallays, Dillier und Bystrom als Ausreißer vorne. Das Peloton überbrückte den Abstand zu Stybar und Robeet und befand sich eine halbe Minute hinter dem Trio, das weiter vorne den Kampf nicht aufgab. Greg Van Avermaet setzte ein Zeichen und griff an, aber sein Manöver wurde schnell wieder zunichte gemacht. Van Avermaet zog erneut das Tempo an und das Peloton wurde auseinandergezogen. Aber dem Belgier fehlte die Kraft sich vom Feld abzusetzen und als er das Tempo verringerte, ging Sagan in die vollen. Innerhalb von ein paar Sekunden hatte sich eine Lücke aufgetan. Von jetzt an gab es für den Weltmeister kein Halten mehr.

Noch 51 Kilometer zum Ziel und Sagan befand sich in Reichweite der Ausreißergruppe – oder was von ihr übrig geblieben war. Die Verfolger versuchten, sich zu organisieren und den einsamen Krieger einzuholen, aber der Erfolg blieb aus. Schon bald befand sich Sagan mit einer Minute Vorsprung vor dem Peloton, in dem sich Terpstra und Phinney organisierten und zusammen mit Van Avermaet und Vanmarcke einen Gegenangriff starteten. Die vier Fahrer taten sich mit  Stuyven und Van Aert zuammen. Aber während das Rennen über Sektionen 10, 9 und 8 ratterte, wuchs der Abstand zu Sagan anstatt sich zu verringern.

Sagan und Dillier rollen gemeinsam ins Velodrom

35 Kilometer vor dem Ziel versuchte Terpstra vergeblich, sich weiter zu behaupten, aber der Quick-Step-Floors-Fahrer konnte sich gegen die wachsenden Autorität des Weltmeisters auf den verbleibenden Kilometern nicht durchsetzen. Unbeirrt setzte Sagan seinen Siegeszug fort, als er, mit Dillier im Schlepptau, durch den Carrefour de l’Arbre Abschnitt rollte. Die zwei erreichten die letzten zehn Kilometer des Rennens und den Verfolgern ging die Kraft aus. Die Zusammenarbeit zwischen Sagan und Dillier blieb ungebrochen und sorgte dafür, dass Stuyven, Van Avermaet, Terpstra und Vanmarcke keine Chance hatten, den beiden den Kampf um den Sieg streitig zu machen.

Video: letzter Kilometer

Dillier konnte bis zum Schluss mit Sagan mithalten, aber im letzten Sprint zum Ziel behielt der Weltmeister die Oberhand. (Foto: Sirotti)
Dillier konnte bis zum Schluss mit Sagan mithalten, aber im letzten Sprint zum Ziel behielt der Weltmeister die Oberhand. (Foto: Sirotti)

Dillier und Sagan fuhren zusammen in das Velodrom vor einer begeisterten Mennschenmenge und der Schweizer befand sich vor Sagan. Alle wussten, dass Sagan im Sprint die obere Hand haben würde und es war unvermeidlich, als die Glocke die letzte Runde einläutete, dass der Weltmeister in dem Moment Dillier den Sieg streitig machen würde. Nach 37 Jahren war Sagan der erste Fahrer im Regenbogentrikot, der „La Reign“ gewann.

Peter Sagan bedankte sich bei seinem Team und widmete seinen Sieg seinen Kollegen, die sich unermüdlich für ihn auf den 257 Kilometern eingesetzt hatten. „Ich bin sehr glücklich“, sagte er. „Ich bedanke mich bei meinen Teamkollegen, denn sie haben großartige Arbeit geleistet. Von Anfang an sorgten sie dafür, dass die Gruppe zusammenhielt. 50 Kilometer vor dem Ziel  machte ich den entscheidenen Schritt und ich bin sehr glücklich, gewonnen zu haben. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl.“

Video: Rennzusammenfassung Paris–Roubaix 2018

Stimmen zu Paris–Roubaix 2018

Andreas Schillinger (Bora-hansgrohe) über seine Tätigkeit als Helfer für Peter Sagan, zusammen mit Rudi Selig:

Andreas Schillinger über seine Gefühle nach dem Rennen

Enrico Poitschke, Sportdirektor bei Bora-hansgrohe über den Sieg seines Teams:

Enrico Poitschke über die entscheidenden Momente:

Junger Fahrer stirbt nach Herzanfall

Auf dem Abschnitt 28 in Briastre kam es zu einem traurigen Ereignis, welches die Radsportwelt erschütterte. Michael Goolaerts (Veranda’s Willems-Crelan) stürzte auf dem 3 Kilometer langen Abschnitt schwer und es wurde schnell durchgegeben, dass der junge Fahrer dringend Hilfe brauchte. Später wurde bekannt, dass Goolaerts einen Herzanfall erlitten hatte. Der junge Belgier wurde mit einem Helikopter in das Krankenhaus in Lille gebracht, wo er wenige Stunden später starb. Fahrer, Teams und Fans sind erschüttert und betroffen und teilen auf den sozialen Netzwerken ihre Beileid. Unsere Gedanken sind bei Michael Goolaerts Familie, seinen Freunden und seinem Team.

Titelbild: A. S. O.

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