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Rennberichte & Analysen

Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Wout Poels gewinnt den ersten Klassiker für Team Sky

Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Nach einem spannenden vierköpfigen Finale auf dem neuen Schlussanstieg Cote Rue Naniot, gewinnt der Holländer Wout Poels den Schlusssprint vor Michael Alabsini und sichert Team Sky den ersten Sieg eines Monuments seit seiner Gründung.

Für die 2016er-Ausgabe dieses Rennens hatten sich die Organisatoren etwas Neues einfallen lassen: Der steile und schmale Côte de Stockeu, einer der schwierigsten Berge der Ardennen, war aufgrund von Straβenbauarbeiten aus dem Programm genommen worden.

24-04-2016 Liege - Bastogne - Liege; Cote Du Maquisard;
Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016: Nebel dürfte noch das geringste Problem bei der diesjährigen Ausgabe des Monuments gewesen sein. Foto: Sirotti

Anstatt des Côte de Saint-Nicolais wurde die Rue Naniot als neuer Schlussanstieg erkoren. Mit dieser Kopfsteinpflasterpassage mit einer Steigung von 10 %, erhofften sich die Organisatoren ein neues und spannendes Finale zur La Doyenne.

Gegen die Kälte gewappnet, verlassen die Profis Liege. Foto: Sirotti
Gegen die Kälte gewappnet, verlassen die Profis Liege. Foto: Sirotti

Ihr Gespür war richtig: Auf diesem Anstieg in Ans entschied sich das Rennen um den Sieg des letzten und schwierigsten Ardennen-Monuments im Rennkalender der Frühjahrsklassiker.

Als ich mich letztes Jahr im kalten, strömenden Aprilregen auf den Spuren der Profis durch die Ardennen kämpfte, dachte ich, dass es schlimmer nicht kommen könne. Aber es kam schlimmer, und was die Teams am Sonntag erblickten, als sie aus dem Fenster sahen, bedarf keiner weiteren Erklärung.

La Doyenne erwies sich als Kampf gegen die Elemente: Schnee, Regen und Graupelschauer. Foto: Sirotti
La Doyenne erwies sich als Kampf gegen die Elemente: Schnee, Regen und Graupelschauer. Foto: Sirotti

Nach einem ziemlich trockenen und sonnigen Start zu den Klassikern, konnte man schnell vergessen, dass wir uns noch im April und mitten im Frühling befinden. Aber La Doyenne (die Älteste) enttäuschte nicht: Der letzte der Ardennen-Klassiker und das vierte Monument wartete mit Wetter der Extraklasse auf: Schnee, Eis, Graupel und Regen. Die Strecke der La Doyenne ist hart und unerbittlich und das Wetter tat sein Übriges und verwandelte die diesjährige Ausgabe in einen zermürbenden Kampf ums Überleben.

Die Temperaturen am Morgen des Rennens lagen knapp über dem Gefrierpunkt, als sich die Profis vermummt und warm gekleidet am Start versammelten, um die 258 km lange Strecke über die 10 kategorisierten und unzähligen unkategorisierten Berge auf dem Weg von Liege nach Bastogne und zurück nach Ars in Angriff zu nehmen. Die Wetterverhältnisse waren der Rennorganisation A.S.O nicht geheuer, so dass kurzfristig am Renntag der Entschluss gefasst wurde, die Strecke zwischen dem 45 . und 75. Kilometer zu ändern.

Die nassen und schmierigen Straβen forderten ihren Tribut: Nach der Hӓlfte des Rennens verschwand zwar der Schnee, aber der Regen, bis auf ein paar kurzen Pausen, blieb. Durch den nassen Asphalt waren Stürze auch bei diesem Klassiker an der Tagesordnung. Rafal Majka (Tinkoff) war unter den Fahrern, dem die Straβenverhältnisse zum Verhängnis wurden und zu Fall kam.

Etixx-Quickstep und Movistar bestimmten das Tempo im Hauptfeld. Foto: Sirotti
Etixx-Quickstep und Movistar bestimmten das Tempo im Hauptfeld. Foto: Sirotti

Der Startschuss fiel und schon nach 15 Kilometern schafften es sieben Fahrer, sich vom Hauptfeld abzusetzen. In der Gruppe befanden sich unter anderem Thomas de Gendt (Lotto-Soudal) und Alessandro de Marchi (BMC Racing), die die Trennung vom Hauptfeld anführten. Mit ihnen mit zogen Nicolas Edet (Cofidis), Paolo Tiralongo (Astana), Cesare Benadetti (Bora-Argon 18), Pavel Brutt (Tinkoff) und Jeremy Roy (FDJ) und die Ausreiβer schafften es, im Laufe des Rennens bis zu neun Minuten Vorsprung zum Peloton herauszufahren.

Im Hauptfeld führten Movistar und Etixx-Quickstep mit scharfem Tempo das Peloton an und schafften es trotz der verschneiten Witterung, die Favoriten in Schach zu halten.

Mit der Zeit forderte das erbarmungslose Terrain und das unerbittliche Tempo in der Spitzengruppe seine ersten Opfer und mit 50 Kilometern zum Ziel löste sich die Ausreiβergruppe langsam aber sicher auf.

La Redoute: Alessandro De Marchi (BMC Racing) und Nicolas Edet (Cofidis) als letzte Ausreißer. Foto: Sirotti
La Redoute: Alessandro De Marchi (BMC Racing) und Nicolas Edet (Cofidis) als letzte Ausreißer. Foto: Sirotti

La Redoute, Hausberg von Philip Gilbert und das Herzstück der La Doyenne, ist der entscheidende Anstieg dieses Rennens. Derjenige, dessen Beine hier den Geist aufgeben, hat keine Chance, sich einen Platz auf dem Podium zu sichern. Und auf diesem harten Anstieg, 40 Kilometer vom Ziel entfernt, zeigte sich wieder, wie sehr diese Strecke den Profis zusetzt: Alessandro De Marchi (BMC Racing) und Nicolas Edet (Cofidis) waren die einzigen Fahrer, die von den Ausreißern noch übrig waren, als sie La Redoute erreichten.

Aber gegen das scharfe Tempo, das Movistar und Etixx-Quickstep weiterhin im Hauptfeld anschlugen, hatten auch die zwei keine Chance mehr. Sie ereichten Cote de La Roche-aux-Faucons, knapp 24 km vor dem Ziel, und wurden vom Peloton eingeholt.

Knapp 20 km vor dem Ziel passierten zwei Dinge: Das Wetter schlug wieder um, verschlechterte sich zusehends und Carlos Betancur (Movistar) wurde von seinem Team nach vorne geschickt, um eine Attacke zu fahren und sich vom Hauptfeld abzusetzen. Sein Angriff war nur von kurzer Dauer – nach zwei Kilometern wurde er wieder eingeholt.

Die Profis im Hauptfeld gaben sich nicht geschlagen: Andriy Grivko (Astana) war der nӓchste, der eine Attacke fuhr. Das Hauptfeld reagierte ziemlich schnell – Michal Kiwatowski (Team Sky) setzte sich an die Spitze der Verfolger und zog das Tempo merklich an.

Cote de Saint-Nicolas war dieses Jahr der vorletzte Anstieg und Betancur ließ es darauf ankommen. Wieder griff er an. Diesmal war es Romain Bardet (Ag2r-La Mondiale), der auf diesen Zug gekonnt reagierte und merklich beschleunigte. Das Ergebnis seines Konterns war eine Hauptgruppe, die sichtlich an Masse verlor und sich immer mehr in die Lӓnge zog.

Die Fahrer erreichten den Hügelkamm und befanden sich auf dem Weg zum neuen Schlussanstieg. Ilnur Zakarin (Katusha) und Diego Rosa (Astana) fuhren eine entschlossene und selbstbewusste Attacke Richtung des neuen Streckenabschnitts und dem Cote de la Rue Naniot, dem letzten kategorisierten Anstieg des Rennens. Der beherzte Angriff der zwei Profis war nur von kurzer Dauer.

Es war auf dem mit Kopfstein gepflasterten Schlussanstieg vor der bergauf verlaufenden Zielgerade, auf dem Albasini seinen entscheidenden Angriff fuhr.

Julian Alaphilippe (Etixx-Quickstep) führte das Hauptfeld auf den Anstieg, Jon Izagirre (Movistar) auf seinen Fersen. Michael Albasini übernahm die Führung und gab Gas. Diese Beschleunigung genügte, um das Feld noch weiter auseinander zu fahren. Drei weitere Fahrer parierten rechtzeitig und hefteten sich an sein Hinterrad, als er Anstalten machte, sich vom Peleton abzusetzen.

Das Hauptfeld zögerte, und dieser Augenblick reichte, dass sich eine ausreichende Lücke auftat. Ilnur Zakarin versuchte noch vergeblich, den Abstand zu überbrücken, aber es war zu spӓt: Das Peloton konnte nur noch beobachten, wie sich der Kampf um den Sieg vor ihnen entfaltete.

So waren es vier Fahrer – Albasini, Rui Costa (Lampre-Merida), Samuel Sanchez (BMC Racing) und Wout Poels (Team Sky) – die den Sieg unter sich ausmachen sollten.

Das Quartett erreichte unter dem Lӓrm der Radsportfans, die die Straβe sӓumten, die Flamme Rouge. Aber keiner der vier wollte sich einem letzen Angriff verpflichten oder eine Zusammenarbeit zum Ziel initiieren. Jeder schien auf sich allein gestellt und eher darum bedacht, den Abstand zum Peleton, das immer nӓher kam, immer wieder mit einem kurzen Blick über die Schulter zu überprüfen.

Noch 500 m zum Ziel: Poel entschloss sich, das Tempo zu bestimmen und sich abzusetzen. Zakarin versuchte noch, die Lücke, die sich auftat, zu schließen. Doch vergeblich: Die vier in der Spitzengruppe schafften es, dem Hauptfeld fern zu bleiben als sie die letzte Kurve fuhren und auf die Zielgerade einbogen.

 

Foto: Sirotti
Foto: Sirotti

200 Meter vor dem Ziel: Poels zündete, legte noch einen Zahn zu. Albasini versuchte noch, ihn zu überholen, aber es war vergeblich. Der Hollӓnder gewann den letzten Sprint zum Ziel und sicherte seinem Team Sky den ersten Sieg eines Monuments.

Foto: Sirotti
Foto: Sirotti

Albasini kam als zweiter ins Ziel und Costa konnte sich den dritten Platz auf dem Podium sichern.

Poels ist erst der vierte Holländer, der dieses Rennen gewinnt und für den 28-jährigen Profi ist das schon sein fünfter Sieg der Saison. Team Sky hatte sich in den letzten Jahren zwar sehr auf die Grand Tours konzentriert, war aber dennoch sehr darauf erpicht, sich auch als Klassikerteam zu behaupten. Diese Rechnung ist mit Poels Sieg jetzt aufgegangen.

“Ich bin so froh, dass ich dieses Rennen gewonnen habe”, sagte ein überglücklicher Poels im belgischen Fernsehen. “Ich kann es gar nicht fassen, dass ich gewonnen habe!”

 

Liege-Bastogne-Liege 2016: Das Ergebnis

1) Wout Poels (NED) – Team Sky 6:24:29
2) Michael Albasini (SUI) – Orica-GreenEDGE
3) Rui Costa (POR) – Lampre-Merida
4) Samuel Sanchez (ESP) – BMC Racing +4”
5) Ilnur Zakarin (RUS) – Katusha +9”
6) Romain Bardet (FRA) – Ag2r-La Mondiale +11”
7) Roman Kreuziger (CZE) – Tinkoff +12”
8) Joaquim Rodriguez (ESP) – Katusha
9) Bauke Mollema (NED) – Trek-Segafredo
10) Diego Rosa (ITA) – Astana

Die drei Sieger der La Doyenne: Wout Poels (mitte), Michael Albasini (rechts) und Rui Costa (links). Bild: Sirotti
Die drei Sieger der La Doyenne: Wout Poels (mitte), Michael Albasini (rechts) und Rui Costa (links). Bild: Sirotti
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