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Tour de France

Tour de France 2016 – 12. Etappe: Chaos auf dem Riesen der Provence

Chris Froome joggt bei der Tour de France 2016 einen Teil der 12. Etappe bergauf, weil sein Rad bei einem Sturz zerstört wurde.

Die 12. Etappe am Bastille-Tag bedeutete sowohl für Fans als auch für die Profis eine Schlüsseletappe, die Etappe, die es zu sehen und zu erleben galt. Ventoux ist ein von Sagen, Geschichten und Dramen umrankter Berg. Jedes mal, wenn die Tour diesen Berg besucht, wird Radsportgeschichte geschrieben. Alle Augen waren auf Chris Froome gerichtet, der bei der Tour 2013 den Kampf um den Sieg am Ventoux in beispielloser Art für sich entschied. Ein zweiter Sieg bei der Bergankunft auf dem Riesen der Provence würde ihm einen Rekord in der Geschichte der Tour sichern: Kein Fahrer vor ihm hatte jemals zweimal auf dem Ventoux gewonnen.

Aber es kommt erstens immer anders und zweitens als man denkt. Weder die Fans noch die Profis konnten vorhersehen, welche Dramen sich in diesem Jahr bei dieser ikonischen Bergankunft ausspielen würden.

Schon am Tag zuvor musste die Rennleitung verkünden, dass aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten am Ventoux die Strecke abgekürzt werden musste. Der Direktor der Tour Prudhomme sah keine andere Möglichkeit bei angekündigten Windgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h das Ziel sechs Kilometer unterhalb des Berggipfels zu verlegen. „Die Sicherheit der Fahrer und Begleitfahrzeuge geht vor“, bestätigte Prudhomme bei der Ankündigung.

Für die vielen Fans, die sich oben am Berg versammeln würden, bedeutete das, dass sie sich etwas weiter unten versammeln mussten, um das Spektakel hautnah verfolgen zu können. Wahrscheinlich waren es die Menschenmassen, die sich nun unterhalb des Berggipfels drängten, die zu dem Drama beitrugen, als das Schicksal der Ventoux-Etappe am Bastille Tag seinen Lauf nahm.

Als das Peloton nach 170 km den Berg erreichte, brach das Chaos aus wie es noch nie zuvor während der Tour gesehen worden war.

Chris Froome (Sky), Richie Porte (BMC) und Bauke Mollema (Trek-Segafredo) hatten sich vom Rest des Pelotons abgesetzt als sie auf den letzten Kilometern von Fans, die sich außerhalb der Sperrgitter aufhielten, regelrecht umwimmelt wurden. Ein Kamerateam auf einem Motorrad wurde aufgrund der Menschenmassen zum Anhalten gezwungen. Richie Porte hatte keine Chance, einen Zusammenstoß zu vermeiden und krachte in das Motorrad. Mollena konnte sich retten und vermeiden, selber zu Fall zu kommen, aber Froome war in dem Unfall verwickelt. Sein Fahrrad wurde in dem Chaos schwer beschädigt. Mit keiner Hilfe seines Teamwagens in Sicht sah sich der Träger des gelben Trikots gezwungen, ein Stück der Strecke bergauf zu laufen bis schließlich eines der neutralen Service-Autos ihm ein Fahrrad geben konnten. Weiter unten gibt es ein Video vom joggenden Froome.

Aber das Fahrrad passte nicht – es waren nicht die richtigen Pedale verbaut. Als Froome endlich 500 m vor dem Ziel eines seiner Ersatzräder erhielt, lag er 1:14 hinter der Gruppe mit Quintana und sogar 1:40 hinter Mollena.

Die Rennleitung entschied sich, Porte und Mollema die gleiche Zeit wie Froome zuzuordnen: 5:05 hinter De Ghent und 19 Sekunden vor der Gruppe mit Quintana, in der sich die Top zehn platzierten Fahrer befanden, außer Dan Martin (Etixx-Quickstep) und Sergio Henao (Sky).

Hätte die Rennleitung die Zeitunterschiede nicht ausgeglichen, würde Adam Yates jetzt das gelbe Trikot tragen. Stattdessen führt Froome weiterhin in der Gesamtwertung mit einem Zeitvorsprung von 47 Sekunden.

Adam Yates stimmt der Entscheidung der Commissaires zu. „Ich hätte nur ungerne unter diesen Umständen das gelbe Trikot angenommen“, sagte er. „Wäre ich in Froomes Situation und hätte meine Führung unter diesen Umständen verloren, würde ich mir auch so eine Entscheidung wünschen. Auf den letzten Kilometern war es wirklich gefährlich. Aber gerade die Fans machen den Radsport aus und es gibt keinen anderen Sport, in dem die Fans so nahe am Geschehen sein können. So ist es nun mal. Froome ist der rechtmäßige Träger des gelben Trikots. Ich hätte es so nicht akzeptieren können.“

„Was für ein Finale. Auf dem letzen Kilometer bremst vor uns plötzlich ein Motorrad und Richie, Bauke und ich krachen hinten drauf. Dann fuhr das Motorrad hinter mir über mein Fahrrad und das Rad war nicht mehr zu gebrauchen“, sagte Froome. „Ich sagte zu mir selbst ‚ich habe kein Rad‘. Ich wusste, das Auto mit meinem Ersatzrad war ganze fünf Minuten hinter mir, also blieb mir nichts anderes übrig, als zu laufen. Ich bin mit der Entscheidung der Commissaires sehr glücklich und erleichtert. Es war die richtige Entscheidung und ich bedanke mich bei ihnen.“

Viele Profis liessen ihrem Frust und ihrer Enttäuschung freien Lauf und kommentierten wie dieses Jahr die Tour de France mehr als sonst außer Kontrolle zu geraten scheint.

„Der Wind alleine machte die Sache auf dem letzten Anstieg schon sehr schwierig, aber es waren auch so viele Leute da draußen“, meinte Joaquim Rodriguez (Katusha). „Die Menschenmassen waren ein großes Problem. Ich weiss wirklich nicht, was dieses Jahr los ist. Ich persönlich habe das Gefühl, dass es total ausser Kontrolle gerät. Auf den letzten zwei Kilometern gab es aufgrund der vielen Menschen viele Schwierigkeiten. Ich fühlte mich gut, aber das Endergebnis ist enttäuschend.

Auch der Franzose Romain Bardet (AG2R La Mondiale) übte Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen bei der diesjährigen Tour.

„Da waren so viele Motorräder im Weg. Es war einfach nur noch gefährlich. Man musste bremsen, wenn man einen Angriff fuhr. Wir müssen die Sicherheit besprechen. Was heute passiert ist, ist unzumutbar. Ich habe so etwas noch nie erlebt und weiss nicht, wie sich das auf das maillot jaune und die Gesamtwertung auswirken wird.“

Auch Richie Porte machte seinem Unmut Luft.

„Es war nur noch ein heilloses Durcheinander“, sagte der Australier. „Die Menschenmassen befanden sich überall auf der Straße und ein Motorrad wurde direkt vor uns zum Anhalten gezwungen. Wir hatten keinen weiteren Ausweg, als über das Motorrad zu fahren. Froome war hinter mir und fuhr direkt in mich rein.“

Für den BMC-Fahrer waren es vor allem die Fans, die zu nahe an die Fahrer herankommen, die zu seinem Unmut beisteuerten.

„Es ist schon ausser Kontrolle geraten. Natürlich kommen die Leute, um das Rennen zu sehen und Spaß zu haben. Dagegen habe ich auch nichts. Aber man muss nicht neben den Fahrern herlaufen, sie schieben, schubsen oder gar schlagen.“

„Die Dinge müssen sich grundlegen verändern. Ich kann es nicht fassen, dass keine Schutzgitter aufgebaut worden waren. Ich habe so hart trainiert und mich so gut auf dieses Rennen vorbereitet. Ok, ich habe die gleiche Zeit wie Mollema bekommen – gut. Aber ich bin gestürzt und jetzt tut mir einiges weh. Morgen ist wieder eine wichtige Etappe, und ich muss abwarten wie ich mich jetzt erhole.“

„Es sind nicht unbedingt die Motorräder, die ein Sicherheitsrisiko darstellen“, meinte Porte. „Es sind die Menschenmassen, die direkt vor dir sind, die die ganze Zeit direkt vor dir sind und die Fahrer schieben und schubsen. Zum Ziel hin war es nur noch verrückt.“

„Wir mögen unsere Fans und der größte Teil, 99 % von ihnen, sind fantastisch. Aber warum müssen einige unbedingt ein Selfie schießen, während sie neben uns herlaufen? Es ist ein schmaler Grad zwischen Leidenschaft und schierer Dummheit.“

Für die 13. Etappe steht ein Einzelzeitfahren über 37 km an. Das flachere EZF der zwei Zeitfahren auf dieser Tour verzeichnet dennoch zwei Anstiege: Einen am Anfang und einem am Ende des Parcours. Mit vielen Unebenheiten und kleineren Anstiegen auf der Strecke wird es interessant sein herauszufinden, welcher der großen Zeitfahrmaschinen die Etappe für sich entscheiden kann. Und wie sich die Ergebnisse auf die Gesamtwertung auswirken wird.

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