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Rennrad-Test

Simplon Inissio PMAX 2020 – das E-Gravel-Bike im RCDE-Test

Das Simplon Inissio kommt jetzt als elektrisch angetriebene Version. Was die Kombination aus Gravelbike und Nabenmotor taugt, liest du hier im Test!

Mit dem Inissio PMAX bringt Simplon seine Interpretation der Elektrifizierung ins Gravelsegment. Äußerlich kaum von seinem rein muskelbetriebenen Pendant zu unterscheiden, hat RCDE die inneren Werte des E-Grave-Bikes auf die Probe gestellt.

Doch zunächst zum – sicherlich auch nicht ganz unwichtigen – Äußeren des Bikes: Simplon hat es beim neuen Inissio PMAX geschafft, die für den E-Antrieb notwendigen Komponenten fast unsichtbar ins Fahrrad zu integrieren. Einzig der Motor dürfte dem aufmerksamen Betrachter auffallen. Wahrscheinlich aber noch nicht mal auf den zweiten Blick. Denn von der Seite betrachtet, versteckt sich der Ebikemotion-Nabenmotor von Mahle geschickt hinter der Kassette. Erst der Blick von hinten offenbart das schwarze Motorgehäuse: es ähnelt durch seine Form und Platzierung ein wenig einer Trommelbremse.

Weitere optische Details, in denen sich das Inissio PMAX von seiner rein muskelbetriebenen Variante unterscheidet, sind der Steuerknopf auf dem Oberrohr, die Ladebuchse im Tretlager und die Rahmendurchführungen samt den dazugehörigen Kabeln für den Motor. Ansonsten ist es vom Inissio Gravel nicht zu unterscheiden.

SImplon Inissio PMAX: Bedienung des E-Antriebs

Ein Display oder eine klobige Steuerzentrale sucht man beim Simplon Inissio PMAX indes vergeblich. Bedient wird der Motor über den einzelnen im Oberohr eingelassenen Knopf, der seinen Zustand durch ein ringförmiges RGB-Licht anzeigt. Ein Druck auf den Knopf erweckt das System zum Leben und die LED informiert anschließend über den aktuellen Ladezustand des Akkus:

Weißes Dauerlicht: mehr als 75 % Akkukapazität vorhanden
Grünes Dauerlicht: zwischen 50 und 75 %
Orangefarbenes Dauerlicht: zwischen 25 und 50 %
Rotes Dauerlicht: unter 25 %
Rotes Blinklicht: unter 15 %
Schnelles rotes Blinklicht: unter 10 %

Ein weiterer Druck auf den Taster zeigt die aktuelle Unterstützungsstufe:

Grünes Blinklicht: geringe Unterstützung
Orangefarbenes Blinklicht: mittlere Unterstützung
Rotes Blinklicht: höchste Unterstützung
Weißes Blinklicht: keine Unterstützung


Durch diese Modi kann nun zyklisch per Knopfdruck durchgeschaltet werden. Das Ganze funktioniert auch während der Fahrt, so dass die Unterstützungskraft des Motors unterwegs je nach Bedarf reguliert werden kann. Dabei muss jedoch eine Hand vom Lenker genommen werden, sodass sich die Einstellung nur in entsprechend beherrschbaren Fahrsituationen empfiehlt.

Die gewählte Unterstützung wird nach dem Ausschalten des Systems wieder auf die niedrigste Stufe (grün) zurückgesetzt. Nach der Kaffeepause gilt es also unter Umständen, die gewünschte Stufe erneut einzustellen. Das geht jedoch schnell und ist mit wenigen Knopfdrücken geschehen.

Mit der zugehörigen, kostenfreien Ebikemotion App lassen sich per Smartphone und Bluetooth-Verbindung detaillierte Daten zum Akku- und Motorzustand abrufen. Weiterhin bietet die App eine Navigationsfunktion, die die verbleibende Reichweite berechnet und berücksichtigt, kann Aktivitäten aufzeichnen und direkt auf Strava laden und eignet sich auch als Bikecomputerersatz.

Am Rahmen finden sich, ganz Gravelbike, allerlei Befestigungsmöglichkeiten für Gepäckträger und Schutzbleche, die sich nachrüsten lassen, oder bereits im Simplon Konfigurator bestellt werden können. Und wer möchte, kann dort auch gleich eine Lichtanlage verbauen lassen.

Mit etwa 3,5 Kilogramm Zusatzgewicht macht sich die elektrische Ausstattung des Simplon Inissio PMAX auf der Waage bemerkbar. Dabei entfallen auf den Nabenmotor ca. 2 Kilogramm, den Rest trägt größtenteils der im Unterrohr verbaute Akku bei. Das fällt beim Anheben durchaus auf, vor allem am Heck macht sich das Gewicht des Motors bemerkbar. Kein Wunder, spüren wir doch insgesamt etwa 30 % mehr Gewicht, als es bei einem vergleichbaren, unelektrifizierten Inissio Gravel der Fall ist.

Mechanische Eigenschaften des Inissio PMAX

Während der Fahrt ist vom Zusatzgewicht zumindest im Flachen aber nichts mehr zu spüren. Bei einem durchschnittlichen Fahrer dürfte das Systemgewicht zwischen 80 und 90 Kilogramm liegen und da wirken sich 3,5 Kilogramm mehr oder weniger kaum auf den Schwerpunkt und die Lenkträgheit des Rennrads aus. Zumal sowohl Motor als auch Akku mit ihren Schwerpunkten deutlich unter dem Fahrerschwerpunkt verortet sind. Nur wer oft sprintet, wird das Zusatzgewicht beim Inissio PMAX im Flachen bemerken.

Ohne Motorunterstützung fährt sich das Simplon Inissio PMAX wie ein ganz normales Gravelbike.
Da sich der Motor bei Nichtbenutzung vom Antriebsstrang trennt, stören bei inaktivem Motor weder Getriebegeräusche noch Drehwiderstände das Fahrvergnügen.

Die Geometriedaten des Inissio PMAX entsprechen exakt denen des Inissio Gravel, geben eine eher komfortable Sitzhaltung vor und sorgen unter anderem durch einen etwas längeren Nachlauf für eine erhöhte Geradeauslaufstabilität. Das macht vor allem in holprigen Passagen Sinn, in denen das Bike nicht wild ausschlagend auf jede Unebenheit reagieren soll. Für Komfort und Grip auf losen Untergründen sorgen auch die 40 mm breiten, mit einem leichten Noppenprofil ausgestatteten Schwalbe-G-One-Allround-Reifen.

Mahle Ebikemotion: der Antrieb des Simplon Inissio PMAX

Ist eine der drei Unterstützungsstufen gewählt, greift der Motor ein, wenn zwei Parameter erfüllt sind:

  • Die Kassette dreht sich in Fahrtrichtung
  • Die Fahrgeschwindigkeit beträgt weniger als 25 Stundenkilometer

Sind beide Bedingungen erfüllt, beginnt der Motor nach einer etwa einsekündigen Verzögerung nach der vorgewählten Unterstützungsstärke aktiv zu werden. Dabei fährt der Motor innerhalb einer weiteren Sekunde sanft hoch und kuppelt ruckfrei in den Antrieb ein. Wird eine Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern erreicht, blendet der Motor seine Unterstützung wieder ruckfrei aus.

Hört man auf zu pedalieren, während der Motor aktiv ist, schiebt dieser noch etwa eine halbe Sekunde nach. Im Gegensatz zu den in vielen Mountainbikes verbauten Mittelmotoren, also Motoren, die am Innenlager platziert sind und direkt dort einwirken, registriert der Ebikemotion-Motor nur die Drehbewegung der Kassette, nicht jedoch das an der anliegende Drehmoment, und das hat diese Folgen:

  • Während der Fahrt genügt es, langsam und kraftlos im Leerlauf zu pedalieren und der Motor beginnt zu unterstützen. So können Streckenabschnitte, abgesehen von der Leerlaufleistung der Beine, bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern rein elektrisch gefahren werden. Während dies sicherlich eine sehr willkommene Funktion ist, wenn der Mann mit dem Hammer zuschlägt, sollte dieser kraftlose Fahrzustand aus physiologischen Gründen über längere Strecken vermieden werden. Denn durch die fehlende Körpergewichtsreduktion durch die Tretarbeit der Beine steigt die Gewichtslast auf den Sitzhöckern und das kann auf Dauer zu Schmerzen oder Taubheitsgefühlen im Schrittbereich führen.
  • Dadurch dass sich die Kassette – und damit die Kurbel – drehen muss, damit der Motor anfängt zu unterstützen, stellt dieser bei der Anfahrt aus dem Stillstand keine Hilfe dar. Insbesondere in Bergaufsituationen sollte also berücksichtigt werden, dass der Motor erst nach einer Sekunde Tretarbeit eingreift und nach einer weiteren Sekunde das volle Drehmoment auf die Nabe bringt.
  • In Kurvensituationen, in denen die Pedalstellung korrigiert wird, um etwa mehr Bodenfreiheit zu gewinnen, kann der Motor kurzzeitig eingreifen, was zunächst ungewohnt ist und zu einem geringen Aufrichtmoment des Rads führt. Abhilfe schaffen eine gute Pedalstellungsdisziplin und das Korrigieren durch Rückwärtstreten. Da das nicht immer möglich ist, empfiehlt es sich, diesen kurzfristigen Fahrzustand und die Reaktion des Rads darauf auf einer sicheren Fläche kennenzulernen.

Mit den maximalen 40 Nm Drehmoment des Motors kann man sich mit dem oben erwähnten Freipedalieren bei weitgehender Windstille in der Ebene gemächlich, aber rein elektrisch auf 25 Stundenkilometer beschleunigen lassen. Brutale Beschleunigungen wie bei manchen Mountainbike-Mittelmotoren, die gerne mal mehr als das doppelte Drehmoment zur Verfügung stellen, sollte man beim Inissio PMAX nicht erwarten, stellen aber auch keine Anforderung dar, nach der die E-Ausstattung des Bikes entwickelt wurde. Im Vordergrund steht eine konstante Grundunterstützung, die vor allem Bergaufpassagen erleichtert, die Arbeit aber dem Fahrer nicht gänzlich abnimmt.

Akustisch hält sich der Motor zurück. Es ist zwar in allen Fahrzuständen ein Getriebegeräusch wahrnehmbar, dieses wächst sich aber nie zu einer Störquelle aus. Erfreulicherweise emittiert der Antrieb keine hochfrequenten Pfeifgeräusche, wie sie häufig bei bürstenlosen Motoren im Teillastbereich auftreten.

Die Reichweite hängt stark vom Nutzungsprofil des Anwenders ab. Mit den 250 Wh des im Unterrohr verbauten Akkus lässt sich der Motor theoretisch eine Stunde lang bei seiner vollen Nennleistung von 250 Watt betreiben. Da diese Vollast normalerweise nur selten abgerufen werden dürfte, gehen wir davon aus, dass der Akku bei einem mittelanspruchsvollen Profil zwischen 60 und 80 Kilometer hält. Mit separat erhältlichen Akkupacks, die in Flaschenhalter passen, lässt sich die Kapazität nochmal um jeweils 209 Wh erweitern, sodass bei zwei Zusatzakkus insgesamt 668 Wh Akkukapazität zur Verfügung stehen.

Der Unterrohrakku lässt sich nur zu Wartungszwecken entnehmen, geladen wird er im Rad über eine Buchse im Tretlager. Es empfiehlt sich dabei, zuerst das Ladekabel am Akku anzustecken und erst danach das Netzteil mit der Steckdose zu verbinden. Andernfalls entstehen an der Ladebuchse Einschaltfunken, die die feinen Kontakte der Steckerkombination auf Dauer korrodieren lassen können.

Testfazit zum Simplon Inissio PMAX

Wenn sich auch die Haare auf vielen Häuptern angesichts eines Rennrads mit Motor sträuben mögen, so gibt es dennoch viele Szenarien, in denen ein E-Rennrad eine gute Figur macht. Seit dem ersten, schüchternen Aufkommen der ersten E-Rennbikes wurde viel gestritten über Sinn und Unsinn der Elektrifizierung im traditionell muskelleistungszentrierten Rennradsektor. Doch ihr Einsatz bei ungleichen Trainingspartnern, der Pendler, der sportlich aber unverschwitzt in der Arbeit ankommen möchte oder der langjährig verletzte Patient, der durch das E-Bike wieder die Freude an den langen Strecken genießen kann, sind nur drei Fälle, in denen ein E-Rennrad ganz locker seine Daseinsberechtigung belegt. Und wer einmal ein so sorgfältig abgestimmtes E-Bike wie das Simplon Inissio PMAX gefahren ist, der muss auch bei größten Vorbehalten insgeheim zugeben: „Dieser eingebaute Rückenwind macht einfach Spaß!“

Beim Inissio PMAX beweist Simplon ein geschicktes Händchen und wählt ein optisch kaum auszumachendes E-Antriebssystem, das Leistung und Gewicht sinnvoll miteinander abwägt und das ausgezeichnet zum vielfältigen Einsatzspektrum des Bikes passt. Asphalt, Schotterpiste, Waldweg? Mit dem Inissio PMAX kein Problem. Mehrtägige Touren mit viel Gepäck? Bei 125 Kilogramm zulässigem Systemgewicht kann einiges mit. Und selbst wenn man ihn einmal nicht nutzen möchte: Es ist ein überraschend beruhigendes Gefühl zu wissen, dass man jederzeit nochmal bis zu 250 Watt dazuschalten könnte – wenn man denn wollte.

Die Verarbeitung des Rades ist wie von Simplon gewohnt hervorragend und blitzsauber. Und auch wenn es allgemeine Praxis sein sollte, alle Schraubverbindungen am Rad nach der Lieferung zu überprüfen: Bisher war bei sämtlichen Rädern, die Simplon uns schickte, nicht ein Schräubchen zu locker und eine solche Sorgfalt ist beileibe nicht bei jedem Hersteller selbstverständlich.

Verfügbare Versionen

Shimano GRX 600 (mechanisch schaltende Gravel-Gruppe)
Shimano GRX810 Di2 (elektrisch schaltende Gravel-Gruppe)

Rahmengrößen: 45, 49, 53, 57, 68

Farben: Grau/Schwarz, Blau/Schwarz

Gewicht: ab ca. 12 Kilogramm

Preis: ab 4899 Euro

Mehr Informationen zum Inissio PMAX findest du auf der Webseite von Simplon.

Weitere Bilder zum Simplon Inissio PMAX


Bilder: Arian Schlichenmayer

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