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Training & Ernährung

Jens Voigt im Training: Meine liebsten Trainingseinheiten

So verbesserst du deine Leistung: Fordernde Intervalle und schenkelbrennende Bergeinheiten

Jens Voigt kann eine sehr erfolgreiche Karriere als Profi zurückblicken: Drei Jahrzehnte, Etappensiege bei der Tour de France und Giro d’Italia, Sieger mehrerer Etappenfahrten und fünf Titel der Critérium International.

„Shut up legs!” war sein Motto, welches schnell zu einem geflügelten Wort unter Radsportfans avancierte. Jens Voigt erntete den Ruf als einer der unerbittlichsten und hartnäckigsten Fahrer im Peloton. Mit seinem Hang, sich während einer Etappe schon früh nach vorne abzusetzen und seiner Art, mehr als seine Mitstreiter dem Leiden hinzugeben ohne aufzugeben, fuhr sich der „Jensie” in die Herzen der Fans. 2014 begab er sich in seinen wohlverdienten Ruhestand.

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Jens Voigt trainierte Intervalle, um seinen max Poweroutput zu steigern (Pic: Rob Evans, via Flickr Creative Commons)

Wie bereitet man sich darauf vor, nicht nur sich selber sondern gleichzeitig auch seine Mitstreiter dazu zu bringen, sich jenseits von gut und böse zu fahren? Leiden will nicht nur gelernt, es muss auch trainiert werden. Jens Voigt hat sich bereit erklärt, uns seine Trainingseinheiten als Profi zu erklären. In diesem Artikel teilt er zwei seiner Favoriten mit uns.

Der Jensie weiß, was es bedeutet, sich selber, und dementsprechend seinen Mitstreitern, im Wettkampf richtig weh zu tun. Jemand, der im Wettkampf leidet, leidet auch im Training. Daher überrascht es uns nicht, dass der Jensie die Intervaleinheiten, die einem so richtig die Beine kaputt fahren, als die effektivsten einschätzt, um Erfolge auf dem Rad zu verbuchen. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass der Jensie eine Schmerzengrenze zu besitzen scheint, die höher liegt als bei vielen anderen. Hinzu kommt, dass er ein Talent hat, physische und psychische Schmerzen während des Rennens zu ignorieren.

„Die 40:20 Einheiten waren immer meine absoluten Favoriten”, meinte Voigt auf unsere Frage. „Die bestehen aus Intervallen von je 40 Sekunden, gefolgt von einer Erholungspause von 20 Sekunden. Während der Erholung versuchst du, so schnell wie möglich zu kurbeln, um deine Beine zu erholen. Und schon geht der Spaß mit einem weiteren 40-Sekunden-Interval wieder von vorne los ”, erklärt der Jensie. „Die Intervalle solltest du mit 80 RPM und einer Wattleistung treten, die knapp über deiner Schwelle [deinem maximum Power Output] liegt. Wenn du keinen Leistungsmesser hast, reicht eine Pulsuhr vollkommen aus: Du fährst das Interval bei der Herzfrequenz, die du eine Stunde halten kannst.

„Diese Trainingseinheit kann deine maximum Power Output erhöhen. Gleichzeitig gewöhnst du dich und deinen Körper an die Veränderungen im Rhythmus, was zwangsläufig in einem Rennen passiert, sagt Voigt.

„Zum Beispiel dauert ein Angriff am Berg höchstens 40 Sekunden. Keiner schafft es, einen Angriff für drei Minuten oder noch länger zu halten. Ich habe für mich persönlich gemerkt, dass mir diese Intervalle mehr nutzten, um meine Rennfitness zu verbessern, als nur stundenlang Kilometer zu schrubben.”

Jens Voigt (Pic: Sirotti)
Der Jensie konnte leiden wie kein anderer (Pic: Sirotti)

„Der Schlüssel zum Erfolg liegt in deinem Poweroutput: Du musst den Pegel finden, der dich während der 40 Sekunden bis an deine Grenzen bringt”, meinte Voigt. Wenn du dich zum ersten mal an dieser Trainingseinheit versuchst, solltest du zwei Sets von je fünf Wiederholungen zu absolvieren, wobei du das fünfte, d.h. das letzte, Interval zwar sauber aber nur unter größter Anstrengung zu Ende bringen kannst. Mit ein bisschen Erfahrung und Übung wirst du dich auf dein Köpergefühl verlassen können.

„Wenn dir das Intervall zu leicht vorkommt, hast du nicht genug Watt getreten”, kommt von dem Mann, der sich einen Namen gemacht hat, immer mit voller Kraft ins Pedal zu treten. „Wenn aber im letzten Interval deine Wattzahl fällt und du die 40 Sekunden nicht sauber fahren kannst, bist du von Anfang an zu hart rangegangen.

„Beim ersten mal musst du dich auch rantasten und einiges ausprobieren. Dabei solltest du nicht vergessen, dass sich dein Körper und deine Fitness im Laufe der Saison verändern wird”, sagte Voigt. „Du wirst fitter, deine Parameter wie Wattzahl und Leistungsdauer werden sich verändern. Dementsprechend musst du deine Einheiten anpassen.”

Voigt empfiehlt, diese Intervalle in eine längere Ausfahrt einzubauen: 50 Minuten locker in Zone 2 einfahren, um deine Muskeln aufzuwärmen. Darauf folgt die erste Einheit, gefolgt von einer einer 50-minütigen Erholungsphase in Zone 2 bevor du die zweite, und letzte, Intervalleinheit in Angriff nimmst.

Mit der Zeit wirst du fitter und du kannst die fünf Wiederholungen immer lockerer abspulen. Wenn der Zeitpunkt kommt, erhöhst du die Anzahl der Intervalle auf 10 pro Set, d.h. eine Intervaleinheit wird 10 Minuten lang und die gesamte Trainingszeit wird auf zwei Stunden ausgeweitet.

Mit einer Körpergröße von 1,90 Metern und einem Systemgewicht von 77 kg war der Jensie einer der größeren Fahrer im Peloton. So kommt ihm eine Trainingseinheit, die seine Leistung am Berg verbessert, sehr gelegen. Er sagt zwar, diese Einheit sei die zweite seiner Top-Favoriten. Aber er musste auch zugeben, dass bei dieser Einheit, trotz des Erfolges, die er durch dieses Training verzeichnete, nie wirkich Freude aufkam.

„Ich habe diese Einheit gehasst. Aber ich muss zugeben, dass sie für mich sehr effektiv war. In dieser Einheit suchst du dir einen Berg und dann fährst du ihn im ständigen Wechsel zwischen sitzend und stehend hinauf”, sagt Voigt.

„Du fährst eine Minute im Sitzen, gefolgt von einer Minute im Stehen. Das ganze bei einer Trittfrequenz von 100. Die Trittfrequenz bleibt die gleiche. Auch im Stehen – und das ist wirklich schwierig, wenn du am Berg fährst.”

 

2012, Tour de France, tappa 10 Macon - Bellegarde sur Valserine, Radioshack - Nissan 2012, Voigt Jens, Bellegarde sur Valserine
Voigt hasste die sitzend-stehende Pyramide am Berg – aber sie hat das Beste aus ihm gemacht (Pic: Sirotti)

„Darauf folgen zwei Minuten jeweils sitzend und stehend, dann drei – das alles ohne Pause – dann wieder zwei und schliesslich wieder eine Minute. Du fährst eine Pyramide am Berg.

„Diese Einheit ist wirklich fies. Deine Herzfrequenz schießt nach oben und mein Poweroutput lag bei 380-400 Watt. Aber es geht hier nicht um Power. Es ist die Trittfrequenz, die zählt. Und die musst du während dieser Einheit gleichmäßig und konstant halten.

„Dieses Training tut wirklich weh. Aber die Einheiten, die richtig weh tun, bringen dir am meisten. Und diese Einheit hat mir wirklich viel gebracht.”

Voigt empfiehlt diese Einheit an einem Berg zu fahren, der mindestens 18 Minuten dauert, um oben anzukommen, damit du die ganze Pyramide schaffst und den vollen Nutzen aus dieser Einheit ziehst. Nicht jeder wohnt in den Bergen oder hat solche langen Anstiege auf seiner Hausrunde. Du musst dann diese Einheit entsprechend deiner Umgebung anpassen oder dich auf der Rolle quälen!

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