David Kinjah
David Kinjah
Am 6. July 2013 konnte Chris Froome sich das Gelbe Trikot zum ersten Mal in seiner Karriere bei einer Tour de France überstreifen. An diesem Tag triumphierte er auf der achten Etappe der Frankreich-Rundfahrt, hielt an seiner guten Leistung fest und konnte sich dadurch am Ende sogar den Gesamtsieg holen. Den Grundstein für seinen Erfolg hat er allerdings schon zwei Jahrzehnte früher in seiner Heimat Kenia gelegt, als er sich zum allerersten Mal in ein Maillot Jaune hüllte. David Kinjah spielte in dieser Zeit eine wichtige Rolle für den jungen Froome.
„Ein Freund hatte sich günstig ein Replika des Gelben Trikots auf einem Second-Hand-Markt besorgt. Er wusste von der Anziehungskraft, die der Radsport auf mich ausübte und wollte es mir verkaufen. Chris kam damals gerade aus Südafrika zurück, wo er die Schulbank drückte. Er erzählte mir, was er dort erlebt hatte, wie gut man dort Radfahren könne, wie aufregend alles für ihn war und das er ein paar Junior-Rennen gewonnen hatte. Ich schenkte ihm daraufhin das Trikot und ein Paar Schuhe und sagte ihm, dass er vielleicht irgendwann verstehen würde, was das Gelbe Trikot überhaupt bedeutet.“
„Ich bin mir gar nicht sicher, ob er sich nach all den Jahren überhaupt noch daran erinnern kann. Als ich ihn allerdings im offiziellen Maillot Jaune der Tour de France sah, kamen viele Erinnerungen an diese Zeit zurück. Zu sehen, wie er die Tour de France gewinnt, ist allerdings etwas, dass niemals in Vergessenheit geraten wird.“
2013 konnte Chris Froome die Tour de France zum ersten Mal für sich entscheiden. Vor wenigen Wochen konnte er sich den ersten Platz im Gesamtklassement der Frankreich-Rundfahrt erneut sichern. Mit ihm auf dem Podium standen am Ende Nairo Quintana und Alejandro Valverde. Nun hatte er die Chance der dritte Fahrer zu werden, dem ein Tour-Vuelta-Double gelingt. Leider stürzte er auf der Königsetappe nach Andorra und musste das Rennen verletzungsbedingt abbrechen.
David Kinjah – Inspiration und Mentor zugleich
Froomes Reise in eine erfolgreiche Radsport-Zukunft begann schon in jungen Jahren in Kenia. An seiner Seite war damals David Kinjah, der selbst einer von Kenias erfolgreichsten Radsportlern ist. Wir bekamen die Gelegenheit, ein Interview mit ihm zu führen.
Chris Froome lernte David Kinjah im Alter von 13 Jahren kennen. Der Mann mit den Dreadlocks war nicht nur inspirierend für das Nachwuchstalent, er wurde auch zu seinem Trainingspartner. Gemeinsam setzten sie sich in den Sattel und machten sich immer wieder auf zu Tagesausflügen in den kenianischen Busch. Später übernahm Froome eine Rolle in Kinjahs Safari Simbaz Projekt und ging voll darin auf. Während er in Südafrika auf die Schule ging, nutze er jede Gelegenheit, um in den Ferien nach Kenia zurückzukommen und mit David Kinjah zu pedalieren. Froomes Weg an die Spitze des Radsports war also ein ziemlich ungewöhnlicher und mit seinen erfolgreichen Teilnahmen an der Tour de France realisierte er nicht nur seinen eigenen Traum, er lebt auch den von David Kinjah.
Afrika und der Radsport
Die Erfahrungen, die Froome als junger Radsportler sammeln konnte, sind Welten von dem entfernt, was er heute durchlebt. Bei der diesjährigen Tour de France explodierte der 30-jährige förmlich und zeigte auf dem Ansteig nach La Pierre-Saint-Martin eine mehr als beeindruckende Leistung. Als Chris Froome damals mit dem Radsport anfing, dachte in Kenia wohl noch niemand an so etwas wie die Tour de France. Heute sieht das schon ganz anders aus. Es ist aber nicht nur Froomes Erfolg, über den man in Afrika spricht, auch der Südafrikaner, Daryl Impey und das MTN-Qhubeka Team machten auf sich aufmerksam. Daryl Impey war 2013 der erste gebürtige Südafrikaner, der sich das Gelbe Trikot anziehen durfte. Allerdings jagte Froome es ihm auf der achten Etappe ab und konnte es bis zum Ende behaupten. In diesem Jahr machte zudem der Eritreer von MTN-Qhubeka , Daniel Teklehaimanot, von sich reden. Er holte sich das Gepunktete Trikot für die Bergwertung und war somit der erste schwarze Afrikaner, der je ein Klassement bei der Frankreich-Rundfahrt angeführt hat.
„Als Chris noch ein Kind war, war alles anders. Es wurde damals so gut wie gar nicht über die Tour de France gesprochen. Es war für die Menschen dort einfach nicht wichtig. Ich persönlich wusste aber Bescheid über die Tour. Ich hatte Freunde in Europa und verfolgte das Geschehen. Somit war es an mir, Chris in die Thematik einzuführen. Ich gab ihm damals das Gelbe Trikot, aber er hat nie wirklich verstanden, was es damit auf sich hat.“
Dank Chris Froomes Erfolg hat die Tour de France für die Menschen in Kenia heute einen anderen Stellenwert. Heute lautet das Motto des Landes „Harambee“. Harambee ist Swahili und bedeutet soviel wie „lasst uns zusammen ziehen“. Obwohl Froome später die britische Staatsbürgerschaft angenommen hat, schweißte er die Leute in Kenia mit seinen beiden Tour de France Siegen sicherlich ein Stück weit zusammen.
„Wir konnten die Energie spüren, die mit dem Sieg bei der Tour de France einherging. Es ist ein langsamer Prozess aber immer mehr Menschen sprechen über die Tour de France. Die Anzahl der fachlich kompententen Beiträge in den lokalen Medien nimmt zu. Die Reporter versuchen, soviel wie möglich über Chris Froome und die Tour de France in Erfahrung zu bringen. Sie möchten verstehen, warum das Rennen in Europa so populär ist.“
„Dank der kleinen Geschichten, die von den Medien am Rande eingestreut werden, wird das Interesse von immer mehr Leuten geweckt. Auch die Berichterstattung im Fernsehen nimmt zu. Somit können inzwischen viele Menschen von Südafrika, über Ägypten bis hin nach Ostafrika das Geschehen verfolgen und wissen jetzt was das Gelbe Trikot, das Gepunktete Trikot oder sogar das Grüne Trikot überhaupt bedeuten.“
Auf den nächsten Seiten blicken wir mit David Kinjah etwas in die Zukunft.
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