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Training & Ernährung

So erstellst und nutzt du dein Trainingstagebuch effektiv

Der zweifache Olympiasieger, Ed Clancy und Coach, Stephen Gallagher erklären dir, wie du das Meiste aus deinen Aufzeichnungen herausholen kannst.

Ein Trainingstagebuch kann sowohl für Profi- als auch für Amateursportler von großem Nutzen sein. Es kann dir nicht nur helfen, bessere Fortschritte zu machen, es gibt dir auch Aufschluss darüber, wie du dein Training für die Zukunft planen solltest.

Wie aber erstellst und nutzt du ein effektives Trainingstagebuch? Warum solltest du überhaupt ein Trainingstagebuch führen? Welche Informationen sollte es beinhalten und worauf kommt es an, wenn du das Maximum aus deiner Zeit im Sattel herausholen möchtest?

Trainingstagebuch – Tipps von zwei Spezialisten

Wir haben mit zwei Fachleuten gesprochen, um mehr über das Thema zu erfahren. Einer davon ist der zweifache Olympiasieger in der Mannschaftsverfolgung, Ed Clancy. Der Andere ist Stephen Gallagher. Er fuhr in seiner aktiven Zeit für An Post-Chain Reaction und ist Leiter von Dig Deep Coaching.

Clancy, der für JLT Condor auf der Straße unterwegs ist, und der Rest der Team-GB-Endurance-Bahnflotte arbeiten alle mit der Online-Software Training Peaks. Mit Hilfe der Informationen ist ihr Coach, Heiko Salzwedel, immer über den Fortschritt der Fahrer informiert, wenn diese für ihre jeweiligen Teams in die Pedale treten.

Schon seit der Zeit, in der Gallagher noch bei den Junioren gefahren ist, arbeitet er mit einem Trainingstagebuch. Heute zeichnet er die Fortschritte seiner Schützlinge mittels Training Peaks auf und nutzt die Informationen um deren weiteres Training zu planen.

Ob du nun mit einer Online-Software oder noch ganz klassisch mit Stift und Papier arbeitest, ist dabei nicht so wichtig. Gallagher und Clancy haben ihre Gedanken zum Thema Trainingstagebuch mit uns geteilt. Auf den folgenden Seiten wollen wir sie mit euch teilen und werden euch keinen ihrer Tipps oder Ratschläge vorenthalten.

Ed Clancy hat während seiner kompletten Karriere mit einem Trainingstagebuch gearbeitet. So konnte er im Vorfeld eines Events immer analysieren, was in der Vergangenheit funktioniert und was nicht funktioniert hat. (Alex Whitehead / SWpix.com)
Ed Clancy hat während seiner kompletten Karriere mit einem Trainingstagebuch gearbeitet. So konnte er im Vorfeld eines Events immer analysieren, was in der Vergangenheit funktioniert und was nicht funktioniert hat. (Alex Whitehead / SWpix.com)

Ein Trainingstagebuch ist nicht nur eine Aufzeichnung über die Bemühungen, die du bisher absolviert hast, es gibt dir vielmehr die Möglichkeit deinem Training genauer auf den Grund zu gehen.

Neben den Rohdaten wie Distanz, durchnittliches Tempo, Herzfrequenz, Leistung (sofern du ein Powermeter nutzt) usw. gibt dir ein Trainingstagebuch auch Einblicke in dein Fahrverhalten und wie es sich auf dich als Fahrer auswirkt.

Beide, Stephen Gallagher und Ed Clancy, sind überzeugt von der Wichtigkeit einer kurzen aber detaillierten Auswertung einer jeden Fahrt.

Gallagher sagt: „Obwohl ein Überblick über die Fahrt und die benötigten Rohdaten wohl das Wesentlichste an der Sache ist, sind auch ein oder zwei Absätze, in denen du mit eigenen Worten dein Empfinden über die Fahrt niederschreibst sehr wichtig – was hast du gemacht, was hast du nicht gemacht und wie hat es sich angefühlt?“

„Als Coach kann ich anhand dieser Kommentare sehen, ob der Fahrer eventuell müde oder gestresst war. Wenn wir ein paar Informationen haben, kann uns das bei helfen, die aufgezeichneten Daten besser zu verstehen. Zudem hilft es uns dabei, zu erkennen, welche Arbeit in den folgenden Tagen von Nöten ist. Die persönlichen Kommentare könnten beispielsweise wie folgt aussehen: Ich habe am Vorabend lange gearbeitet und nicht allzu gut geschlafen. Als ich heute Morgen aufgestanden bin, fühlte ich mich schwach und antriebslos.“

Ed Clancy verfolgt die gleiche Philosophie. „Normalerweise beinhaltet mein Trainingstagebuch zwei Hauptpunkte. Zum einen erkläre ich genau, was ich gemacht habe. Das ließt sich dann beispielsweise so: meine zweistündige Straßensession beinhaltete drei Blöcke von 20 Minuten im dritten Trainingsbereich bei einer Leistung von etwa 330 Watt. Zudem nehme ich noch ein paar andere Fakten, wie die Herzfrequenz oder Ähnliches, mit in mein Trainingstagebuch auf.“

„Der zweite Absatz dreht sich dann um mein persönliches Empfinden und die wahrgenommene Anstrengung – war es anstrengender oder weniger anstrengend als ich es bei dieser Art von Belastung erwartet hätte. An manchen Tagen wird es dir relativ leicht gefallen sein. Du fühlst dich, als hättest du noch mehr machen können oder hättest am Ende noch Reserven übrig. An anderen Tagen wirst du dich hingegen einfach nur dreckig fühlen und möchtest die zurückliegenden Anstrengungen einfach nur vergessen.“

Gallagher glaubt, dass diese Kommentare nicht nur für einen persönlich essenziell wichtig sind, sie geben einem zudem die Möglichkeit, die aufgezeichneten Daten einer Fahrt besser zu verstehen.

„Anhand der Daten kannst du nur sehen, dass beispielsweise die Leistung abgefallen ist oder die Herzfrequenz etwas unregelmäßig war. Ohne die Informationen über das persönliche Empfinden während der Fahrt kann es sehr schwer sein, die Daten in einen Zusammenhang zu bringen.“

Für eine nützliche Analyse müssen die Daten genau und ehrlich sein, was uns zum nächsten Punkt bringt. Mehr dazu auf der folgenden Seite.

Ein Trainingstagebuch soll nicht dazu dienen, Freunde und andere Fahrer zu beeindrucken, erst recht dann nicht, wenn du eine öffentliche Plattform wie Strava nutzt.

Die persönlichen Kommentare und Analysen einer Fahrt in deinem Trainingstagebuch sollten auch genau das sein – persönlich und noch viel wichtiger, wahrheitsgemäß. Laut Stephen Gallagher ist der beste Weg, um das zu erreichen, die Informationen so zeitnah wie möglich zu erfassen, am besten also unmittelbar nach einer Fahrt.

„Direkt nach einer Fahrt sind die Informationen darüber noch frisch im Gedächtnis. Meine Empfehlung ist es, die Daten direkt im Anschluss an eine Fahrt hochzuladen und sie noch um ein paar persönliche Kommentare zu ergänzen. Wir Radsportler neigen dazu, schmerzhafte oder quälende Erfahrungen schnell zu vergessen. Somit kannst du einen viel größeren Nutzen aus deinem Trainingstagebuch ziehen, wenn du es zeitnah mit ehrlichen Informationen fütterst.“

„Das ist auch der nächste Schlüssel zum Erfolg – Ehrlichkeit. Du machst das Ganze schließlich nicht um jemanden zu beeindrucken. Du machst das für eine realistische Auswertung deiner Bemühungen nach einer Fahrt.“

Wenn deine Daten erstmal im Kasten sind und du deine subjektive Beurteilung zu deinen Bemühungen abgegeben hast, sprechen wir darüber, wie du diese Informationen für dein zukünftiges Training nutzen kannst.

Es kann verlockend sein, auf Strava über eine Fahrt zu prahlen. Es wird deinem Training aber in keinster Weise weiterhelfen. Sei also ehrlich zu dir selbst.
Es kann verlockend sein, auf Strava über eine Fahrt zu prahlen. Es wird deinem Training aber in keinster Weise weiterhelfen. Sei also ehrlich zu dir selbst.

Die Informationen in deinem Trainingstagebuch sind nutzlos, sofern du nicht damit anfängst, sie richtig einzusetzen.

Ganz offensichtlich ist es ein guter Ansatz, deine temporären Bemühungen mit deinen früheren zu vergleichen. Zudem ist es gerade im Vorfeld eines großen Events wichtig, zu sehen wo deine Stärken und Schwächen in der Vergangenheit lagen. In Clancys Falle würde dies bedeuten, auf die Bemühungen in Trainingslagern und auf seine Vorbereitungsarbeit auf große Bahnevents zurückzublicken.

Er erkärt: „Wenn wir in Trainingslagern waren, rufe ich mir diese immer wieder ins Gedächtnis. In deinem Trainingstagebuch hast du deine persönliche Bestleistung in den Bergen, du siehst welche Leistung du gebracht hast, wo deine Herzfrequenz lag und wie du deine Bemühungen wahrgenommen hast. Dadurch hast du immer die Möglichkeit dein aktuelles Ich mit deinem früheren zu vergleichen.“

„Wenn ich beispielsweise auf Olympia oder eine Weltmeisterschaft zurückblicke, habe ich die Möglichkeit zu erkennen, was damals nicht optimal gelaufen ist. Ich habe aber nicht nur einen Einblick in einen bestimmten Rennmonat, ich kann noch viel weiter zurückgehen und mir auch die vorangegangenen Monat nochmal ins Gedächtnis rufen. Man kann sich stundenlang mit seiner eigenen Vergangenheit beschäftigen.“

Gallagher erklärt: „Ein Trainingstagebuch ist aber nicht nur langfristig sinnvoll. Es kann dir auch dabei helfen, kurzfristig die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

„Ein Trainingstagebuch kann auch kurzfristig von Nutzen sein. Wenn du beispielsweise an einem Freitag nicht so ganz auf der Höhe bist und ein großer Event vor der Tür steht, kannst du zurückblicken auf einen Tag mit ähnlich schlechten Bedingungen, der dir Schwierigkeiten bereitet hat. So hast du die Möglichkeit dein zukünftiges Training auf eine andere Art und Weise durchzuführen. Obwohl du deine letzten Fahrten bestimmt auch ohne Hilfe einigermaßen rekonstruieren kannst, kann dir dein Trainingstagebuch doch Aufschluss über die Auswirkungen deiner einzelnen Bemühungen geben, zumal Erinnerungen manchmal recht schnell verblassen.“

„Langfristig kann dir dein Trainingstagebuch dabei helfen, dir deine Vorbereitungen auf einen großen Event nochmal vor Augen zu führen. Du kannst sehen wie sich deine Form über die Monate verändert hat und hast so die Chance, deine Vorbereitung auf das nächste Rennen entsprechend anzupassen.“

Du kannst ein Trainingstagebuch auch dazu nutzen, Trends in deinem Training zu erkennen. Das Ganze birgt aber auch ein paar Gefahren. Nimm dich vor ihnen in Acht.

Ein Trainingstagebuch kann dir nicht nur aufzeigen, was funktioniert oder nicht funktioniert hat, es gibt dir auch die Möglichkeit, Trends in deinem Training zu erkennen.

Obwohl eine Bemühung ein paar Wochen zuvor gut geklappt hat, könnte dir rückblickend auffallen, dass der Fortschritt irgendwann ins Stocken geriet.

„Hast du den Grund für den mangelnden Fortschritt erst einmal ausgemacht, kannst du die Herangehensweise beim nächsten Mal entsprechend ändern. Ohne die Aufzeichnungen in deinem Trainingstagebuch wäre das nicht möglich.“

Ohne Frage ist ein Trainingstagebuch eine wertvolle Hilfe, dennoch weiß es nicht auf alles eine Antwort.

Laut Clancy wird es immer wieder Wochen geben, in denen du dich einfach in einer guten Form befindest, ohne das es dafür wirklich einen Grund gibt. All die Erfahrungen, die er über all die Jahre im Radsport sammeln konnte, haben gezeigt, dass sich die Form nicht immer erklären lässt.

„Es handelt sich hier um keine exakte Wissenschaft. Ich betreibe den Radsport schon sehr lange und auch heute kommt es mir zeitweise noch wie schwarze Magie vor. Manchmal kommt es dir vor, als würdest du fliegen und du weißt nicht warum das so ist.“

„Wenn du mit einem Trainingstagebuch arbeitest, musst du immer bedenken das der menschliche Körper eine biologische Sache ist. Es können der Form immer auch Krankheiten, Müdigkeit oder andere Faktoren zugrundeliegen, über die dein Trainingstagebuch dir keine Auskunft gibt.“

Form und Fitness können nicht immer von deinem Trainingstagebuch erklärt werden.
Form und Fitness können nicht immer von deinem Trainingstagebuch erklärt werden.

Obwohl ein Trainingstagebuch dir nicht immer Aufschluss über deine Form geben kann, sind sowohl Ed Clancy als auch Stephen Gallagher davon überzeugt, dass es für Amateur-Fahrer und Hobbysportler ein sehr wertvolles Instrument sein kann.

Aus der Sicht eines Coaches, kann Gallagher nur jedem dazu raten, einen Trainer zu Rate zu ziehen und mit ihm gemeinsam ein Trainingstagebuch zu entwickeln. So hast du einen optimalen Ansatz, an dem du dein Training ausrichten kannst.

„Ich kann nur jedem empfehlen, immer einige Daten zu sammeln und sie mit einigen Informationen über die Fahrt zu ergänzen. Wenn jemand zu uns Trainern kommt und schon eine Reihe von Informationen dabei hat, ist es für uns viel leichter, mit der Anpassung ihres Trainings zu beginnen.“

Clancy meint, ein Trainingstagebuch sei für Amateur-Fahrer noch wichtiger als für einen professionellen Radsportler.

„Ich glaube ein Amateur-Fahrer kann definitiv von einem Trainingstagebuch profitieren. Formspitzen zu erklären, ist nicht wirklich ein Rätsel, sofern du nicht auf sehr hohem Niveau fährst. Arbeitet jemand im Büro, kann er sehen, wieviele Stunden er in jener Woche gearbeitet hat und wieviele es in dieser Woche waren. Entsprechend wird er sich dann auch auf dem Rad fühlen.“

„Er kann das dann Monat für Monat, Jahr für Jahr vergleichen und verstehen, warum seine Leistung unterschiedlich war. Darum glaube ich, dass gerade Amateur-Fahrer von den Vorteilen eines Trainingstagebuches profitieren können. Sie starten einfach weiter unten und haben somit mehr potentielle Daten, die sie analysieren und für eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten nutzen können.“

Ed Clancy glaubt, dass die Nachteile eines Trainingstagebuches definitiv geringer sind als der Nutzen, den gerade Amateur-Fahrer daraus ziehen können.
Ed Clancy glaubt, dass die Nachteile eines Trainingstagebuches definitiv geringer sind als der Nutzen, den gerade Amateur-Fahrer daraus ziehen können.

Abschließend noch fünf Fakten zum Trainingstagebuch:

  • Ein Trainingstagebuch kann ein nützliches Werkzeug sein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob du ein zweifacher Olympiasieger bist oder einfach nur Spaß am Radsport hast.
  • Obwohl Online-Software, wie beispielsweise Training Peaks, dir dabei helfen kann, deine Daten zu analysieren, sind Stift und Papier oder Apps wie Garmin Connect und Strava doch der Grundstein eines jeden Trainingstagebuches.
  • Ein Trainingstagebuch sollte immer eine kurze Beschreibung darüber enthalten, was du auf deiner Fahrt erreichen wolltest. Desweiteren solltest du Schlüsseldaten (Distanz, durchnittliches Tempo, Herzfrequenz, usw.) und ehrliche Kommentare über dein persönliches Empfinden mit aufnehmen. Vermerke auch alle anderen Faktoren, die deine Leistung beeinträchtigt haben könnten. So hast du später die Chance, die Aufzeichnung jeder einzelnen Fahrt in einen Zusammenhang zu bringen.
  • Nutze die Informationen aus deinem Trainingstagebuch wenn du dich auf einen Event vorbereitest. Verschaffe dir einen Überblick darüber, was in der Vergangenheit funktioniert hat und was nicht. Ein Trainingstagebuch kann dir auch dabei helfen, dein Training genau zu verfolgen – legst du genügend Regenerationsphasen ein und an welcher Stelle könntest du die Intensität steigern? Hat dein Training dich deinem Ziel wirklich näher gebracht? Es gibt immer eine Möglichkeit dein Training noch weiter zu optimieren.
  • Überprüfe dein Training regelmäßig. So kannst du Trends erkennen und deine Fortschritte analysieren. Wenn du siehst, wie gut du vorankommst, kann ein Trainingstagebuch auch ein sehr motivierendes Werkzeug sein. Es gibt dir zudem Aufschluss darüber, ob deine Fitness stagniert und kann dir gleichzeitig die Gründe dafür nennen.
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