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Tour de France

Das war die WorldTour Saison 2015: Die sechs unvergesslichsten Momente

Sechs unvergessliche Momente der 2015 Saison

Die Saison der World Tour Serie ist vorbei, die Profis erholen sich von den Strapazen der letzten Monate, bevor der Ernst des Lebens, d.h. die Vorbereitung für 2016, losgeht.  

Wir, die uns bei RCDE tagaus und tagein mit Radfahren beschäftigen, werden kaum wehmütig oder gar nostalgisch, wenn die Saison zu Ende geht. Es gibt immer etwas, worauf man sich freuen kann und mit Spannung die nächste Saison erwartet. Wollen nicht sagen, dass wir die Saison nicht mit Spannung verfolgt haben. Weit gefehlt – die Saison 2015 hat uns viele unvergessliche Momente beschert, die wir mit Spaß am Sport verfolgt haben. Die folgende Zusammenfassung ist deshalb nicht ein Jahresrückblick, sondern eher eine Sammlung der eigenartigen, seltsamen und wunderlichen Situationen der 2015 Saison, die wir so schnell nicht vergessen werden.

Von der Farce bei der Tour de Oman, eine gutgemeinte Hilfestellung eines Freundes, die mehr Probleme als Lösungen bereitete bis hin zu den verwehten Fahrern bei Gent-Wevelgem, hier findest du sechs Situationen, die lieber verschwiegen als gefeiert werden.

Vuelta de España (2. Etappe): Nibalis Disqualifikation

Früher war alles anders: Radrennen wurden nicht im Fernsehen übertragen. Es war nichts ungewöhnliches, dass Fahrer, die Rennen wie das 560-km Rennen von Bordeaux nach Paris antraten, eigenwillige Lösungen fanden, um immerhin einen Teil der Monsterstrecke ohne große Anstrengung zu meistern – sei es per Anhalter mitgenommen zu werden oder am nächsten Bahnhof samt Rad in den Zug zu steigen.

In der Radsportgeschichte gibt es viele Anekdoten, in denen Radfahrer eine beachtliche Teilstrecke mit dem Zug zurücklegten, nur um mit frischen und ausgeruhten Beinen den letzten Teil der Rennstrecke zu bestreiten. Es war auch mogeln leicht gemacht: Die Rennen wurden zu der Zeit nicht vom Fernehen übertragen, GPS-Daten, die die Fahrer auf jeden Meter verfolgten und jegliche Abweichung aufzeigen, standen noch in den Sternen und die Rennen waren von der effizienten und routinierten Organisation noch Lichtjahre entfernt.

Heutzutage würde es keinem Radfahrer im Traum einfallen, zu solchen Mitteln zu greifen – vor allem keinem Profi. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel: Die Ausnahme war kein anderer als Vincenzo Nibalo. Ausgerechnet Vincenzo Nibali, der sowohl die Giro, dieTour und Vuelta gewonnen hat und zwei italienische Meisterschaften sein eigen nennen kann. Der Profi mit einem der besten Spitznamen im Peloton – der Hai – hat sich während der zweiten Etappe der Vuelta zu einer Handlung hinreissen lassen, die an die Profis von Alt erinnert.

Was in dem Moment in ihm vorging, als er sich am Teamwagen festhielt und sich mit hoher Geschwindigkeit an das Peleton ziehen zu lassen um den Anschluss zu finden, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Diese Aktion hatte zwar nicht den gleichen Elan Panache wie die Auseinandersetzung zwischen Gianluca Brambilla und Ivan Rovny  – beide Fahrer wurden ohne großes Drama disqualifiziert. Dennoch überraschte es keinen, dass Nibali mit sofortiger Wirkung von der Vuelta disqualfiziert wurde.

Auch wenn Nibali im Anschluss die Giro di Lombardia gewann, werden die meisten sich seiner Saison wegen der Disqualifikation, und dem Grund, bei der Vuelta erinnern und nicht seinem Gewinn am Ende der Saison.

Paris-Roubaix: Sagan folgt dem Ruf der Natur

Wenn man denkt, dass es schlimmer kommen könnte, kommt es häufig wirklich schlimmer. Am Ende der Rennradsaison im November konnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass die 2015 Saison es mit Peter Sagan gut gemeint hatte: Die Regenbogenstreifen des Weltmeisters im Straßenrennen auf dem Trikot, ein weiteres grünes Trikot bei der Tour und unzählige Gewinne zeichneten seinen Weg der 2015 Saison.

Wenn wir zum April zurückspulen, stellen wir schnell fest, dass die Sache für den Slowaken noch ganz anders aussah: Er stand unter einem neuen Vertrag mit Tinkoff-Saxo und daher unter ungeheuerlichem Druck, die Erwartungen, dem Team und Besitzer einen Klasssikergewinn nach dem anderen zu bescheren, zu erfüllen. Egal, wie sehr Sagan sich anstrengte – die Erwartungen nach den Gewinnen blieben unerfüllt. Es folgten einige unerhaltsame Momente für die Zusachauer, wenn Sagan in seiner wachsenden Frustration sein Rad zur Seite schmiss. Gute Nachrichten für die Fans, die sich an seinen Ausbrüchen amüsieren konnten.

Nachdem Sagan von Niki Terpstra und Alexandr Kristoff bei der Flandern Rundfahrt überlistet wurde, erhoffte er sich in der folgenden Woche mehr Erfolg bei Paris-Roubaix. Die Götter des Radsports schienen sich aber auch bei dem Klassikerrennen gegen ihn verschworen zu haben: Erst musste Sagan sich mit vielem mechanischen Problemen abkämpfen. Dann, um das ganze noch schlimmer zu machen, musste er plötzlich hinter einem Gebüsch Zuflucht suchen, weil er dringend dem Ruf der Natur folgen musste – einem Ruf, den man sich nicht für eines der größten und bedeutesten Rennen der Saison wünscht.

Vielleicht ist es ein kleiner Trost für Sagan, dass er sich in guter Gesellschaft befindet: Kein anderer als Greg Le Mond ist bekannt für seine gräuliche Durchfallattacke während der Tour de France. Das zeigt mal wieder: Vor dem Ruf der Natur ist keiner gefeit – egal wie gut du in Form bist, kann dir dein Magen einen Strich durch die Rechnung machen.

Tour de Oman (5. Etappe) – Die Hitzeschlacht

‘Ein Belgier, ein Schweizer und ein Italiener stehen unter einer Brücke und streiten sich.’, klingt wie der Anfang eines guten WItzes. Aber leider gab es bei der Tour de Oman nichts zu lachen. Die drei Protagonisten, die sich im Schatten eine hitzige Auseinandersetzung lieferten, waren keine anderen als Eddy Merckx, Fabian Cancellara und Vincenzo Nibali. Und viel mehr sollte während dieser Etappe nicht zu sehen sein, und dieser Streit die einzige sehenswerte Aktion des Tages bleiben.

Ein Radrennnen in der Wüste ist schon ein Widerspruch in sich: Temperaturen die locker über 50 Grad ansteigen, pneumatische Reifen, Sandstürme und starke, heiße Winde und eine von jeher eher feindliche gesonnene Natur sind nicht die besten Voraussetzungen für ein Radrennen.

Temperaturen verzeichneten 47 Grad. Daraufhin wurde die Etappe schon gekürzt. Dann explodierten bei sechs Fahrern des Bardian CFS Teams die Reifen, andere Fahrer spürten, dass ihre Bremsen nicht mehr richtig funktionierten und dem Peloton platzte der Kragen.

Die Fahrer nahmen die Sache in eigene Hand und nahmen geschlossen eine klare Haltung ein. Allen voran Cancellara: Nie um ein Wort verlegen, avancierte er zur Hauptsprechperson des Pelotons, um das Interesse und die Sicherheit der Fahrer zu vertreten. Zusammen mit Nibali,  Boonen und Pozzato berieten sich die Radsportgrößen, bevor sie dem Stellvertreter des Organisators ihre Forderungen vortrugen. Dieser Stellvertreter war kein anderer als Eddy Merckx, der  der seine eigene, starke Meinung hat, was einen Rennradfahrer und Radrennen ausmacht.

Was folgte war ein Aufeinanderprallen der Radsportgrößen von der Vergangenheit und Gegenwart: Weder Cancellara noch Merkx waren bereit, sich den Anforderungen des anderen zu beugen. Schliesslich kam man doch noch zu einem Kompromiss: Die Fahrer fuhren eine flache, neutralisierten Etappe, um zu versichern, dass das Rennen weiterhin stattfinden konnte.

Gent-Wevelgem: Vom Winde verweht

Das Wetter kann einem Radrennen unfreiwillig komische, aber auch gefährliche, Situationen bescheren und das Rennen regelrecht sabotieren. Ghent-Wevelgem in Flandern konnte zwar nicht mit Hitze und Sandstürmen aufwarten, bescherte dem Peloton aber Stürme der wahren Flandern Art. Am Freitag konnte das E3 Harelbeke-Rennen noch dem schlimmsten entkommen: Die Hecken am Straßenrand boten einen natürlichen Windschutz.

Als sich die Fahrer zwei Tage später in die entgegengesetzte Richtung zur französischen Grenze aufmachten, ließen sie diesen Windschutz hinter sich und Flandern hieß das Peleton mit Windgeschwindigkeiten bis zu 50km/h willkommen. Das Peleton hatte keine Chance und wurde von den Sturmböen regelrecht auseinandergeblasen. Noch weniger Chancen hatten vereinzelte Fahrer, die durch den Wind quer über die Straße und sogar von der Straße geschoben wurden. Geraint Thomas von Team Sky war einer der bekanntesten Fahrer, der Opfer des Windes wurde. Er berappelte sich aber sehr schnell, sprang wieder auf sein Rad und schaffte es, als  Drittplazierter auf dem Treppchen zu stehen.

Thomas kleiner Ausflug (oder Abflug) in den Graben war einer von vielen.  Gent-Wevelgem 2015  wird als das Rennen in die Radsportgeschichte eingehen, in dem es nur 39 einzelne Fahrer des eigentlichen Fahrerfeldes unbehelligt ins Ziel schafften. Der Rest des Fahrerfeldes fiel schweren Unfällen zu Opfer oder ließen, hinsichtlich der Stürze, der sie Zeugen wurden, ihre eigene Vernunft walten und gaben auf. Luca Paolini überfiel regelrecht aus dem Hinterhalt die Führergruppe und holte sich einen wohlverdienten Sieg.

Die Szenen, die sich auf den Fernsehschirmen abspielten, muteten zeitweise schon sehr komisch an. Das Rennen wurde unfreiwillig durch die Wetterbedingungen sehr amüsant anzusehen. Was man aber vom Sofa nicht beurteilen kann ist, wie gefährlich und schrecklich die Bedingungen wirklich waren. Wir sind selber mit dem Rad zum Ziel nach Wevelgem gefahren und haben die Bedingungen selber an eigener Haut zu spüren bekommen. Und sie waren wirklich schrecklich, das Lachen konnte einem schnell vergehen., wie schrecklich diese waren. Luke Rowe meinte nach dem Rennen, dass seiner Meinung nach die Bedingungen schlimm genug waren, um dass Rennen abzusagen. Jedenfalls wird keiner Gent-Wevelgem 2015 so schnell vergessen.

 

Giro d’Italia: Porte und seine Freunde

In der Hitze des Gefechts kann es sich als schwierig erweisen, genau zu wissen, wo sich deine Rivalen und Mitstreiter befinden. Die Saison 2015 lehrte uns Radsportlern auch eine wichtige Lektion in Sachen Freundschaft und Kameradschaft im Peloton, wie wichtig es ist, darauf zu achten, von welchem Freund man Hilfe in Anspruch nimmt. Simon Clarke vom Team Orica-GreenEDGE hatte nur die besten Absichten, als er seinem guten Bekannten Richie Porte sein Vorderrad anbot, als der  Team Sky Fahrer auf der 10. Etappe der Giro kurz vor Ziel einen Platten bekam.

Es war eine ehrliche, freundschaftliche und liebgemeinte Hilfeleistung von Seiten des GREENEdge-Fahrers. Leider bescherte sie Porte eine Zeitstrafe von zwei MInuten, weil er die Hilfe eines anderen Teams angenommen hatt. Die Strafe verstärkte das schon angeschlagene Glück des Tasmanen in dem Rennen. Auch wenn es nicht die beliebteste Entscheidung war, war es dennoch, wenn man die Regeln der Giro liest, die richtige.

 

DIe Saison 2015: Radfahrer, Autos und Motorräder

Es vergeht keine Saison und kaum ein Rennen, in dem sich nicht die Autos und Motorräder auf der Rennstrecke und die Radfahrer in die Quere kommen – manchmal mit verhängnisvollen und schlimmen Konsequenzen. Die 2015 Saison macht da leider keine Ausnahme. Sie schien es besonders in sich zu haben.

Der Unfall zwischen einem neutralen Shimano-Servicewagen und Jesse Sergent bei der Flandernrundfahrt kann zweifelsohne als einer der schlimmsten Unfälle der 2015 Saison verzeichnet werden. Der Radfahrer von Trek Factory Racing wurde regelrecht von dem Auto von der Straße gewischt.  Die schmalen, windgepeitschten Straßen im Osten Belgiens sind für 200 Radfahrer, deren Rennbegleitung, Reportern und deren Autos und Motorrädern nicht die beste Voraussetzung. Es kann auf diesen engen Straßen sehr schnell eng, unübersichtlich und gefährlich werden. Der Unfall zwischen Sergent und dem Fahrer des Autos war verschuldet durch schlechtes Fahrverhalten und eine Fehleinschätzung der Situation von Seiten des Fahrers auf einer Straße, die eigentlich viel zweckdienlicher als viele der anderen Wege war, über die das Rennen führte. Eine Straße, auf der ein Sturz leicht vermeidbar sein sollte.

Gegen Ende der Saison war es Greg van Avermaet vom Team BMC, dem während des Clásica de San Sebastián Böses widerfuhr: Er wurde von einem Reportermotorrad vom Rad geholt. Der Sturz war nicht so schwerwiegend wie der Unfall zwischen Sergent und dem Auto in Flandern. Das ärgerliche an diesem Sturz für Van Avermaet war die Tatsache, dass er gerade einen Angriff gefahren war und eine realistische Chance hatte, das Rennen zu gewinnen.

Und die Geschichten summieren sich: Jakob Fuglsang von Astana war ein weiteres Opfer. Während er 18. Etappe auf der Tour de France befand er sich in der führenden Gruppe am Col du Glandon, als er plötzlich wie aus dem Nichts vom Rad fiel. Später sieht man, wie er von einem Motorrad gestreift und so zu Fall gebracht wurde. Nur Sekunden vorher hätte dass gleiche Motorrad hätte beinahe Ryder Hesjedal vom Rad geholt.

Als die Vuelta durch Spanien rollte, konnte man nur hoffen, dass aus den Erfahrungen der Saison gelernt worden war. Leider war dem nicht so. Tinkoff-Saxo hatte gleich zwei Fahrer, die von motorisierten Fahrzeugen umgefahren wurden. Allen voran kein anderer als Peter Sagan. Er erlitt schwere Schürfwunden und sah sich am Ende dieser verhängnisvollen 8. Etappe gezwungen, die Vuelta aufzugeben. Als wolle man noch Salz in seine Wunden streuen, wurde ihm eine Geldbuße aufgebrummt, weil er den Unfall nicht gelassen hinnahm sondern seinem Ärger und Frustration freien Lauf ließ.

Den zweiten Astana Fahrer erwischte es auf der 11. Etappe: Sergio Paulinho wurde von einem TV-Motorrad angefahren, das regelwidrig in der Straßenmitte fuhr, und erlitt eine schwere Schnittwunde. Nachdem Sergio noch tapfer versuchte, mit seiner blutenden Wunde weiterzufahren, sah er sich ein paar hundert Meter vor dem ersten Gipfel der Etappe gezwungen, aufzugeben.

Wir können nur noch hoffen, dass die Organisatoren aus den vermehrten Unfällen der 2015 Saison gelernt haben und Konsequenzen ziehen, so dass es in 2016 weniger dieser vermeidbaren Unfälle geben wird.

 

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